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BFH-Urteil vom 22.10.2003 (I R 65/02) BStBl. 2004 II S. 300

Ein ambulantes Rehabilitationszentrum ist kein von der Gewerbesteuer befreites Krankenhaus gemäß § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG.

GewStG § 3 Nr. 20 Buchst. b; KHG § 2 Nr. 1; SGB V § 107; AO 1977 § 67.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 17. Juli 2002 2 K 3337/00 G (EFG 2002, 1548)

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BFH-Beschluss vom 3.12.2003 (IV B 192/03) BStBl. 2004 II S. 303

1. An der Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG bestehen keine ernstlichen Zweifel.

2. Dies gilt auch für die Gewerbesteuerpflicht einer Mitunternehmerschaft, an der neben freiberuflich tätigen Mitunternehmern eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, deren Gesellschafter und (hier) Geschäftsführer wiederum sämtlich freiberuflich tätig sind.

GG Art. 3 Abs. 1; GewStG § 2 Abs. 2; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 19. August 2003 4 V 108/02 (EFG 2003, 1640)

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BFH-Urteil vom 20.11.2003 (III R 4/02) BStBl. 2004 II S. 305

1. Wesentliche Bestandteile eines Gebäudes können als Betriebsvorrichtungen und damit als bewegliche Wirtschaftsgüter nur investitionszulagenbegünstigt sein, wenn sie aufgrund wirtschaftlichen Eigentums dem Anlagevermögen des Investors zuzurechnen sind.

2. Wirtschaftliches Eigentum an Einbauten in fremde Gebäude auf eigene Kosten setzt die Befugnis zur ausschließlichen Nutzung und einen Anspruch auf Wertersatz im Falle der Nutzungsbeendigung voraus. Wer im Zusammenhang mit der Errichtung einer Heizstation Heizkörper, Steigleitungen und Anbindungen an eine Heizstation in ein fremdes Gebäude einbaut, ist in der Regel schon mangels ausschließlicher Nutzungsbefugnis nicht deren wirtschaftlicher Eigentümer (Fortführung der Senatsurteile vom 6. August 1998 III R 28/97, BFHE 187, 124, BStBl II 2000, 144; vom 30. März 2000 III R 58/97, BFHE 192, 176, BStBl II 2000, 449).

AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1; BGB § 95; EStG § 4 Abs. 1; InvZulG 1993 §§ 2, 3.

Vorinstanz: FG Berlin vom 2. Mai 2001 2 K 2227/97 (EFG 2002, 1110)

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BFH-Urteil vom 22.10.2003 (I R 36/03) BStBl. 2004 II S. 307

1. Vereinbart eine GmbH mit ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer die Zahlung von Vorschüssen auf eine erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres fällige Gewinntantieme, so müssen die Voraussetzungen und die Zeitpunkte der vereinbarten Vorschusszahlungen im Einzelnen klar und eindeutig im Voraus festgelegt werden. Es genügt nicht, dem Gesellschafter-Geschäftsführer des Recht einzuräumen, angemessene Vorschüsse verlangen zu können.

2. Zahlt eine GmbH ihrem Gesellschafter ohne eine entsprechende klare und eindeutige Abmachung einen unverzinslichen Tantiemevorschuss, so ist der Verzicht auf eine angemessene Verzinsung eine vGA (Anschluss an das Senatsurteil vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545). Dabei ist davon auszugehen, dass sich die GmbH und der Gesellschafter im Zweifel die Spanne zwischen banküblichen Soll- und Habenzinsen teilen (Anschluss an die Senatsurteile vom 28. Februar 1990 I R 83/87, BFHE 160, 192, BStBl II 1990, 649; vom 19. Januar 1994 I R 93/93, BFHE 174, 61, BStBl II 1994, 725).

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2.

Vorinstanz: FG Köln vom 8. April 2003 13 K 6661/02 (EFG 2003, 1038)

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BFH-Urteil vom 7.10.1999 (V R 79, 80/98) BStBl. 2004 II S. 308

1. Eine Reiseleistung i. S. des § 25 Abs. 1 UStG 1980 liegt auch vor, wenn der Unternehmer nur eine Leistung - wie z. B. die Weitervermietung von Ferienwohnungen ohne Anreise und Verpflegung erbringt.

2. Seit Inktafttreten der Richtlinie 77/388/EWG werden Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, so behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten (Abgrenzung gegenüber der bisherigen Rechtsprechung zur sog. Leistungskommission). Deshalb ist auch der Unternehmer, der Reiseleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung eines Dritten erbringt, so zu behandeln, als ob er die von dem Dritten bezogenen Reisevorleistungen selbst erhalten hätte.

3. Vermittelt eine inländische Tochtergesellschaft Reiseleistungen im Namen ihrer ausländischen Muttergesellschaft, können die Reiseleistungen der Muttergesellschaft nicht der Tochtergesellschaft zugerechnet werden.

UStG 1980 §§ 3, 3a, 25 Abs. 1; Richtlinie 77/388/EWG Art. 6, 26.

Vorinstanz: Hessisches FG vom 21. Juli 1998 6 K 3093/93 (EFG 1998, 1548)

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BFH-Urteil vom 25.5.2000 (V R 66/99) BStBl. 2004 II S. 310

1. Hat sich der Eigentümer eines Ferienhauses mit anderen Ferienhauseigentümern zu einer GbR zusammengeschlossen, die die Ferienhäuser im eigenen Namen für Rechnung der Gesellschafter vermieten soll, und sind die Zahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter von der tatsächlichen Inanspruchnahme des Hauses aufgrund der Überlassung der Nutzungsbefugnis abhängig, kann die Nutzungsüberlassung durch den Eigentümer an die Gesellschaft als entgeltlich beurteilt werden.

2. In Betracht kommt auch, dass schon deshalb von Vermietungsleistungen des Gesellschafters an die Gesellschaft auszugehen ist, weil in entsprechender Anwendung von § 3 Abs. 3 UStG i.V m. § 3 Abs. 11 UStG die Gesellschaft, die im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschafter vermietet, so behandelt wird, als ob sie diese Vermietungsleistung selbst erhalten hätte.

UStG 1993 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 3 und Abs. 11, § 15 Abs. 1 Nr. 1; Richtlinie 77/388/EWG Art. 6, Art. 26.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 15. Oktober 19984 K 3178/97

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BFH-Urteil vom 22.3.2001 (V R 11/98) BStBl. 2004 II S. 313

Die Berichtigung eines unrichtig oder unberechtigt berechneten Steuerbetrages setzt nach richtlinienkonformer Beurteilung voraus, dass das Steueraufkommen nicht gefährdet wird. Das Steueraufkommen wäre gefährdet, wenn eine Berichtigung der Steuer ohne den Nachweis des Ausstellers der Rechnung zugelassen würde, dass der Rechnungsempfänger die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abgezogen hat, dass ihm der Vorsteuerabzug versagt worden ist oder dass ein etwaiger Vorsteuerabzug durch Rückzahlung oder Verrechnung der abgezogenen Vorsteuer rückgängig gemacht worden ist.

UStG 1993 § 14 Abs. 2, 3; Richtlinie 77/388/EWG Art. 17, Art. 21 Nr. 1 Buchst. c.

Vorinstanz: FG des Landes Brandenburg (EFG 1998, 603)

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BFH-Urteil vom 31.1.2002 (V R 40, 41/00) BStBl. 2004 II S. 315

1. Besorgen einer sonstigen Leistung i.S. des § 3 Abs. 11 UStG liegt vor, wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen durch einen Dritten erbringen lässt ("Leistungseinkauf") oder wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen an Dritte erbringt ("Leistungsverkauf", gegen Abschn. 32 Abs. 1 Satz 1 UStR).

2. Nach der Rechtsprechung des Senats entspricht § 3 Abs. 11 UStG hinsichtlich des zu erreichenden Ziels den Vorgaben des Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG.

3. Besorgt ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen eine sonstige Leistung, so sind die für die besorgten Leistungen geltenden Befreiungsvorschriften (hier: § 4 Nr. 8 Buchst. a oder Buchst. d UStG) auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden.

UStG 1991/1993 § 3 Abs. 3, § 3 Abs. 11, § 4; Richtlinie 77/388/EWG Art. 6 Abs. 4, Art. 28 Abs. 3 Buchst. e.

Vorinstanz: FG Düsseldorf (EFG 2000, 830)

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BFH-Urteil vom 11.4.2002 (V R 26/01) BStBl. 2004 II S. 317

1. Die Unterscheidung zwischen § 14 Abs. 2 UStG und § 14 Abs. 3 UStG hat insoweit keine Bedeutung mehr, als

- nur die geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG abziehbar ist (BFH-Urteil vom 2. April 1998 V R 34/97, BFHE 185, 536, BStBl II 1998, 695) und

- eine unrichtig oder zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer berichtigt werden kann, wenn der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger rückgängig gemacht worden ist (BFH-Urteil vom 22. März 2001 V R 11/98, BFHE 194, 528, BFH/NV 2001, 1088).

2. Hat der leistende Unternehmer in einer Endrechnung die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 5 UStG 1980/§ 14 Abs. 1 Satz 7 UStG 1991 abgesetzt, ist die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehbar.

AO 1977 § 176 Abs. 1 Nr. 3; UStG 1980/1991 § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 15a Abs. 1, § 14 Abs. 2, § 14 Abs. 3; UStG 1980 § 14 Abs. 1 Satz 5; UStG 1991 § 14 Abs. 1 Satz 7.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG (EFG 2001, 600)

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BFH-Beschluss vom 16.5.2002 (V B 89/01) BStBl. 2004 II S. 319

Durch die Rechtsprechung des BFH ist bereits geklärt,

- dass ein Besorgen einer sonstigen Leistung i.S. des § 3 Abs. 11 UStG vorliegt, wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen durch einen Dritten erbringen lässt ("Leistungseinkauf") oder wenn ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen an Dritte erbringt ("Leistungsverkauf")

- und dass entsprechend den Vorgaben des Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG die Geschäftsbesorger, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung eines Dritten tätig werden, so zu behandeln sind, als ob sie diese Dienstleistung selbst erhalten und erbracht hätten.

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; UStG 1980 § 3 Abs. 11; Richtlinie 77/388/EWG Art. 6 Abs. 4.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 25. April 2001 5 K 4914/96 U

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BFH-Urteil vom 29.8.2002 (V R 8/02) BStBl. 2004 II S. 320

1. Die Vorschrift des § 3 Abs. 11 UStG 1993 findet nicht nur auf Geschäftsbesorgungen Anwendung, bei denen der Geschäftsbesorger (Auftragnehmer) für Rechnung seines Auftraggebers Leistungen bezieht (sog. Leistungseinkauf), sondern auch auf Geschäftsbesorgungen, bei denen der Geschäftsbesorger für Rechnung seines Auftraggebers Leistungen ausführt (sog. Leistungsverkauf).

2. Nach der Rechtsprechung des Senats entspricht § 3 Abs. 11 UStG 1993 hinsichtlich des zu erreichenden Ziels den Vorgaben des Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG.

3. Der Auftraggeber, der einen Unternehmer (Auftragnehmer) beauftragt, im eigenen Namen (des Auftragnehmers) aber für Rechnung des Auftraggebers eine Ferienwohnung zu vermieten, ist deshalb so zu behandeln, als ob er die Ferienwohnung an den Auftragnehmer und dieser an die Feriengäste zur kurzfristigen Beherbergung von Feriengästen vermietet hätte.

UStG 1993 § 3 Abs. 3, § 3 Abs. 11, § 4 Nr. 12 Satz 2, § 15; Richtlinie 77/388/EWG Art. 6 Abs. 4, Art. 28 Abs. 3 Buchst. e.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 13. Dezember 2001 5 K 352/00 (EFG 2002, 576)

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BFH-Urteil vom 9.10.2003 (V R 51/02) BStBl. 2004 II S. 322

Zahlungen der öffentlichen Hand an einen Unternehmer, der Lieferungen oder sonstige Leistungen an Dritte erbringt, gehören - unabhängig von der Bezeichnung als "Zuschuss" - dann gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zum Entgelt für diese Umsätze, wenn

- der Zuschuss dem Abnehmer des Gegenstands oder dem Dienstleistungsempfänger zugute kommt,

- der Zuschuss gerade für die Lieferung eines bestimmten Gegenstands oder die Erbringung einer bestimmten sonstigen Leistung gezahlt wird, und

- mit der Verpflichtung der den Zuschuss gewährenden Stelle zur Zuschusszahlung das Recht des Zahlungsempfängers (Unternehmers) auf Auszahlung des Zuschusses einhergeht, wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat.

UStG 1991 § 10 Abs. 1 Satz 3; Richtlinie 77/388/EWG Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a.

Vorinstanz: FG des Landes Brandenburg vom 24. Januar 2003 1 K 2175/00

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EuGH-Urteil vom 24.10.1996 (C-317/94) BStBl. 2004 II S. 324

1. Art. 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a und Teil C Absatz 1 der Sechsten Richtlinie ist dahin auszulegen, dass dann, wenn ein Hersteller einen Preisnachlassgutschein ausgibt, der zu dem auf dem Gutschein angegebenen Betrag beim Hersteller oder auf dessen Kosten zugunsten des Einzelhändlers einlösbar ist, wenn der Gutschein, der im Zuge einer Verkaufsförderungsaktion an einen potentiellen Kunden ausgegeben wird, beim Kauf eines bestimmten Artikels durch den Kunden von dem Einzelhändler angenommen werden darf, wenn der Hersteller diesen Artikel zum "Erstlieferantenpreis" unmittelbar an den Einzelhändler verkauft hat und wenn dieser den Gutschein beim Verkauf des Artikels an den Kunden annimmt, ihn dem Hersteller vorlegt und den angegebenen Betrag erhält, die Besteuerungsgrundlage der Herstellerpreis abzüglich des auf dem Gutschein angegebenen und erstatteten Betrages ist. Dies gilt auch dann, wenn der Hersteller die Artikel zuerst an einen Großhändler statt unmittelbar an einen Einzelhändler geliefert hat.

2. Art. 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a und Teil C Absatz 1 der Sechsten Richtlinie ist dahin auszulegen, dass dann, wenn der Hersteller im Zuge einer Verkaufsförderungsaktion Artikel zum "Herstellerpreis" unmittelbar an einen Einzelhändler verkauft, wenn ein Preiserstattungsgutschein für einen auf der Verpackung dieser Artikel angegebenen Betrag dem Kunden, der den Kauf eines dieser Artikel nachweist und die anderen auf dem Gutschein abgedruckten Bedingungen erfüllt, das Recht gibt, ihn dem Hersteller vorzulegen und dafür den angegebenen Betrag zu erhalten, und wenn ein Kunde einen derartigen Artikel von einem Einzelhändler kauft, den Gutschein dem Hersteller vorlegt und den angegebenen Betrag erhält, die Besteuerungsgrundlage der Herstellerpreis abzüglich des auf dem Gutschein angegebenen und erstatteten Betrages ist. Dies gilt auch dann, wenn der Hersteller die Artikel zuerst an einen Großhändler statt unmittelbar an einen Einzelhändler geliefert hat.

UStG §§ 10, 17; Richtlinie 77/388/EWG Art. 11.

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EuGH-Urteil vom 15.10.2002 (C-427/98) BStBl. 2004 II S. 328

Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 11 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage - in der Fassung der Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG und zur Einführung weiterer Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer - Geltungsbereich bestimmter Steuerbefreiungen und praktische Einzelheiten ihrer Durchführung - verstoßen, dass sie keine Vorschriften erlassen hat, die im Fall der Erstattung von Preisnachlassgutscheinen eine Berichtigung der Besteuerungsgrundlage des Steuerpflichtigen, der diese Erstattung vorgenommen hat, zulassen.

UStG §§ 10, 17; Richtlinie 77/388/EWG Art. 11.

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EuGH-Urteil vom 16.1.2003 (C-398/99) BStBl. 2004 II S. 335

Nach Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a und Teil C Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist der Nennwert eines vom Hersteller einer Ware begebenen Preisnachlassgutscheins in die Besteuerungsgrundlage eines Einzelhändlers einzubeziehen, wenn dieser beim Verkauf einer Ware akzeptiert, dass der Endverbraucher den Verkaufspreis teilweise bar und teilweise mit diesem Gutschein bezahlt, und wenn der Hersteller dem Einzelhändler den auf diesem Gutschein angegebenen Betrag erstattet.

UStG §§ 10, 17; Richtlinie 77/388/EWG Art. 11.

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EuGH-Urteil vom 23.10.2003 (C-109/02) BStBl. 2004 II S. 337

Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch ihre Verpflichtungen aus Artikel 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der Fassung der Richtlinie 77/388 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem im Hinblick auf den Normalsteuersatz verstoßen, dass sie einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Leistungen, die Musikensembles direkt für die Öffentlichkeit oder für einen Konzertbesucher erbringen, sowie auf Leistungen angewendet, die von Solisten direkt für die Öffentlichkeit erbracht werden, hingegen auf die Leistungen von Solisten, die für einen Veranstalter tätig sind, den Normalsatz angewendet.

UStG § 12; Richtlinie 77/388/EWG Art. 12.

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BFH-Beschluss vom 25.4.2002 (V B 73/01) BStBl. 2004 II S. 343

1. Eine bei unberechtigtem Steuerausweis in einer Rechnung gemäß § 14 Abs. 3 UStG entstandene Steuer ist nach § 227 AO 1977 (zwingend) wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, soweit der von dem Rechnungsempfänger in Anspruch genommene Vorsteuerabzug rückgängig gemacht und der entsprechende Betrag an den Fiskus tatsächlich zurückgezahlt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 8. März 2001 V R 61/97, BFHE 194, 517).

2. Der Gesichtspunkt der Erlassunwürdigkeit des Steuerpflichtigen spielt insoweit keine Rolle. Er kann nur bei der Prüfung eines Erlasses aus persönlichen Billigkeitsgründen Bedeutung haben.

AO 1977 § 227; UStG § 14 Abs. 3; FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 6.

Vorinstanz: FG Nürnberg

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BFH-Urteil vom 5.6.2002 (I R 81/00) BStBl. 2004 II S. 344

1. Die Einrichtung eines zusätzlichen variablen Kapitalkontos bei einer KG, auf dem lediglich Gewinne, aber keine Verluste gebucht werden, kann ein Indiz für das Vorliegen eines verdeckten Darlehenskontos sein.

2. Eine Veräußerung i.S. von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG setzt Entgeltlichkeit voraus.

3. Der Veräußerungsgewinn gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG ist nach Maßgabe von §§ 4 ff. EStG zu ermitteln. AfA, die bis zur Veräußerung auf das veräußerte Wirtschaftsgut im Inland steuerwirksam in Abzug gebracht worden sind, sind bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen (Bestätigung von Tz. 2.2 des BMF-Schreibens vom 15. Dezember 1994, BStBl I 1994, 883).

4. Der Gewinnermittlung ist der Teilwert des veräußerten Wirtschaftsguts bei In-Kraft-Treten des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG zum 1. Januar 1994 zugrunde zu legen. Vor dem 1. Januar 1994 entstandene Wertzuwächse sind nicht einzubeziehen (gegen Tz. 1 des BMF-Schreibens in BStBl I 1994, 883).

EStG 1990/1994 § 4, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Nr. 2, Nr. 5 Satz 1, § 17 Abs. 2, § 23 Abs. 3, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und Nr. 6, § 52 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: Hessisches FG vom 16. Mai 2000 4 K 2965/98 (EFG 2000, 1013)

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BFH-Urteil vom 25.3.2003 (IX R 22/01) BStBl. 2004 II S. 348

1. Finanziert der Steuerpflichtige die Herstellung von Eigentumswohnungen, von denen eine dem Erzielen von Einkünften und die andere der (nichtsteuerbaren) Selbstnutzung dient, mit Eigenmitteln und Darlehen, kann er die Darlehenszinsen insoweit als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, als er das Darlehen (tatsächlich) zur Herstellung der der Einkünfteerzielung dienenden Eigentumswohnung verwendet.

2. Der Werbungskostenabzug setzt voraus, dass der Steuerpflichtige der vermieteten Eigentumswohnung die auf sie entfallenden Herstellungskosten (Sonderausstattung und Gemeinkosten) zuordnet und mit Darlehensmitteln gesondert bezahlt. Stellt der Unternehmer die Kosten des Gesamtgebäudes nur einheitlich in Rechnung, kann der Steuerpflichtige die für die Zuordnung erforderliche Aufteilung (im Verhältnis der selbstgenutzten Wohn-/Nutzflächen des Gebäudes zu denen, die der Einkünfteerzielung dienen) selbst vornehmen und die sich danach ergebenden Herstellungskosten der vermieteten Eigentumswohnung gesondert mit Darlehensmitteln bezahlen (gegen Schreiben des BMF vom 10. Dezember 1999 IV C 3 -S 2211- 34/99, BStBl I 1999, 1130).

3. Wird das der vermieteten Eigentumswohnung zugeordnete Darlehen einem (Eigen- und Fremdmittel umfassenden) Konto gutgeschrieben, von dem der Steuerpflichtige alle Gebäudeerrichtungskosten bezahlt, sind die Darlehenszinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Köln vom 29. November 2000 11 K 3312/96 (EFG 2001, 736)

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BFH-Urteil vom 10.9.2003 (XI R 9/02) BStBl. 2004 II S. 349

Eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG liegt auch dann vor, wenn bereits bei Beginn des Dienstverhältnisses ein Ersatzanspruch für den Fall der betriebsbedingten Kündigung oder Nichtverlängerung des Dienstverhältnisses vereinbart wird (Abweichung von BFH-Urteil vom 27. Februar 1991 XI R 8/87, BFHE 164, 243, BStBl II 1991, 703).

EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 34.

Vorinstanz: FG Hamburg vom 30. November 2001 III 59/01 (EFG 2002, 1043)

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BFH-Urteil vom 10.9.2003 (XI R 58/01) BStBl. 2004 II S. 352

Eine Körperschaft haftet nicht nach § 10b Abs. 4 Satz 2 2. Alt. EStG, § 9 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. KStG wegen Fehlverwendung, wenn sie die Spenden zwar zu dem in der Spendenbestätigung angegebenen Zweck verwendet, selbst aber nicht als gemeinnützig anerkannt ist.

AO 1977 §§ 51 ff.; EStG § 10b Abs. 4 Satz 2; KStG § 9 Nr. 3 Satz 8 (ab 1994 § 9 Abs. 3 Satz 2).

Vorinstanz: FG Münster vom 22. Januar 2001 9 K 1222/97 K, 9 K 1265/97 K (EFG 2001, 613)

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BFH-Urteil vom 11.12.2003 (IV R 42/02) BStBl. 2004 II S. 353

1. Geht das vom Erbbauberechtigten in Ausübung des Erbbaurechts errichtete Gebäude nach Beendigung des Erbbaurechts entsprechend den Bestimmungen des Erbbaurechtsvertrages entschädigungslos auf den Erbbauverpflichteten über, führt dies beim Erbbauverpflichteten zu einer zusätzlichen Vergütung für die vorangegangene Nutzungsüberlassung.

2. Ist der Erbbauverpflichtete Mitunternehmer der erbbauberechtigten Personengesellschaft, handelt es sich bei dem zusätzlichen Nutzungsentgelt um eine Sondervergütung i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.

EStG §§ 5 Abs. 1, 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; ErbbauV §§ 9, 27.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 26. März 2002 9 K 5484/99 F (EFG 2003, 153)

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BFH-Beschluss vom 20.1.2004 (IV B 203/03) BStBl. 2004 II S. 355

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob einem Steuerpflichtigen, der ohne Gewinnerzielungsabsicht Wohnungen erwirbt und veräußert, um ein anderes Objekt weiterhin ohne Zahlung einer Zweckentfremdungsabgabe als Büroraum vermieten zu können, der Abzug eines Verlustes aus der Veräußerung der Wohnungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus der Vermietung des zweckentfremdeten Objekts versagt werden kann.

AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2; FGO § 69; EStG §§ 2, 9, 15 Abs. 2, 21.

Vorinstanz: FG Berlin vom 26. Mai 2003 9 B 9435/02 (EFG 2003, 1541)

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BFH-Urteil vom 14.10.2003 (VIII R 32/01) BStBl. 2004 II S. 359

1. Einlagen, die zum Ausgleich eines negativen Kapitalkontos geleistet und im Wirtschaftsjahr der Einlage nicht durch ausgleichsfähige Verluste verbraucht werden, führen regelmäßig zum Ansatz eines Korrekturpostens mit der weiteren Folge, dass - abweichend vom Wortlaut des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG - Verluste späterer Wirtschaftsjahre bis zum Verbrauch dieses Postens auch dann als ausgleichsfähig zu qualifizieren sind, wenn hierdurch (erneut) ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht.

2. Die Klage eines Kommanditisten gegen einen Bescheid zur Feststellung des verrechenbaren Verlusts (§ 15a Abs. 4 EStG) ist auch dann zulässig, wenn die Einspruchsentscheidung an die Kommanditgesellschaft gerichtet und der Kommanditist nicht zum Einspruchsverfahren hinzugezogen worden ist.

AO 1977 § 360 Abs. 3; FGO § 44; EStG § 15a Abs. 1, 2, 4.

Vorinstanz: FG Köln vom 27. Juni 2001 5 K 6631/00 (EFG 2001, 1195)

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BFH-Urteil vom 2.10.2003 (IV R 48/01) BStBl. 2004 II S. 363

1. Ein Arzt, der eine Privatklinik betreibt, erzielt jedenfalls dann gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb der Klinik und freiberufliche Einkünfte aus den von ihm erbrachten stationären ärztlichen Leistungen, wenn die Leistungen der Klinik einerseits und die ärztlichen Leistungen andererseits gesondert abgerechnet werden (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 12. November 1964 IV 153/64 U, BFHE 81, 246, BStBl III 1965, 90).

2. Der Gewinn aus dem Klinikbetrieb als solchem ist nicht von der Gewerbesteuer befreit, wenn die Patienten der Privatklinik ausschließlich auch ärztliche Wahlleistungen gemäß § 7 BPflV 1985 in Anspruch nehmen.

EStG § 15, § 18 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 3 Nr. 20 Buchst. b; AO 1977 § 67 Abs. 2; BPflV 1985 § 7.

Vorinstanz: Hessisches FG vom 29. März 2001 8 K 3307/96 (EFG 2001, 1296)

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BFH-Beschluss vom 5.2.2004 (V R 64/03) BStBl. 2004 II S. 366

Die Revisionsbegründungsfrist gemäß § 120 Abs. 2 FGO in der seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung ist eine selbständige Frist. Sie schließt nicht mehr an den Ablauf der Frist zur Einlegung der Revision an.

FGO § 120 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1.

Vorinstanz: FG Düsseldorf vom 14. Oktober 2003 3 K 2787/03 U

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BFH-Beschluss vom 22.12.2003 (IX B 177/02) BStBl. 2004 II S. 367

Die Aufhebung der Vollziehung eines Steuerbescheides erscheint dann zur Abwendung wesentlicher Nachteile i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 8 Halbsatz 2, Abs. 3 Satz 4 FGO nötig, wenn das zuständige Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer streitentscheidenden Vorschrift überzeugt ist und diese deshalb gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem BVerfG zur Prüfung vorgelegt hat.

GG Art. 100 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4; FGO § 69 Abs. 2 Satz 8 Halbsatz 2, § 69 Abs. 3 Satz 4; EStG § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Hamburg vom 2. August 2002 II 110/02 (EFG 2003, 110)

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BFH-Urteil vom 17.5.2001 (V R 77/99) BStBl. 2004 II S. 370

1. Hat der Steuerpflichtige eine Leistung, die er außerhalb seines Unternehmens erbracht hat, als steuerpflichtigen Umsatz behandelt, indem er sie dem Leistungsempfänger mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hat, und hat er die Steuer erklärungsgemäß an das FA abgeführt, so verlangt der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, dass die zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer berichtigt wird, wenn der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger rückgängig gemacht worden ist (Anschluss an EuGH-Urteil vom 19. September 2000 Rs. C-454/98, Schmeink & Cofreth und Manfred Strobel, UR 2000, 470).

2. Die Berichtigung der Steuer kann im Billigkeitsverfahren gemäß § 227 AO 1977 erfolgen.

AO 1977 § 227; UStG 1991 § 14 Abs. 3; Richtlinie 77/388/EWG Art. 21 Nr. 1 Buchst. c.

Vorinstanz: FG Düsseldorf (DStRE 2000, 429)

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BFH-Urteil vom 24.7.2003 (V R 39/99) BStBl. 2004 II S. 371

(Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 8. Mai 2003 Rs. C-269/00 - Seeling -)

1. Ein Unternehmer, der ein Gebäude errichtet, das er teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch (zu eigenen Wohnzwecken) nutzt, darf das Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und die auf das gesamte Gebäude - einschließlich des nichtunternehmerisch genutzten Teils - entfallenden Vorsteuerbeträge nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 UStG abziehen.

2. Die (teilweise) Verwendung des dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes für den privaten Bedarf des Unternehmers ist keine steuerfreie Grundstücksvermietung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG und schließt deshalb den Vorsteuerabzug nicht gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG aus (Änderung der Rechtsprechung).

3. Die nichtunternehmerische Verwendung des Gebäudes unterliegt als steuerpflichtiger Eigenverbrauch der Umsatzbesteuerung.

UStG 1993 in der bis zum 31. März 1999 geltenden Fassung § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b, § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a, § 15 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1; Richtlinie 77/388/EWG Art. 6 Abs. 2 Buchst. a, Art. 13 Teil B Buchst. b, Art. 13 Teil C Satz 1 Buchst. a, Art. 17 Abs. 2 Buchst. a.

Vorinstanz: FG München vom 15. April 1999 14 K 4429/97 (UVR 1999, 297)

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BFH-Urteil vom 8.3.2001 (V R 61/97) BStBl. 2004 II S. 373

1. Hat ein Unternehmer Rechnungen mit gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer ausgestellt und Dritten übergeben, obwohl er die darin bezeichneten Leistungen nicht ausgeführt hat, und haben die Rechnungsempfänger die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuerbeträge abgezogen, so schuldet der Aussteller die ausgewiesene Steuer nach § 14 Abs. 3 UStG, auch wenn er seine angeblichen Leistungen umsatzversteuert hat.

Da aber in diesem Fall keine Gefährdung des Steueraufkommens besteht, wenn der Vorsteuerabzug bei den Rechnungsempfängern berichtigt wurde, verlangt der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, dass die unberechtigt in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer unabhängig von einem guten Glauben des Rechnungsausstelleers berichtigt werden kann (Anschluss an EuGH-Urteil vom 19. September 2000 Rs. C-454/98, Schmeink & Cofreth und Manfred Strobel, UR 2000, 470).

2. Beantragt der Unternehmer beim FA, ihm diese entrichtete Umsatzsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß § 227 AO 1977 zu erstatten, kann sein Antrag nur Erfolg haben, soweit der den Rechnungsempfängern gewährte Vorsteuerabzug rückabgewickelt worden ist.

AO 1977 § 227; UStG 1991/1993 § 14 Abs. 3; Richtlinie 77/388/EWG Art. 21 Nr. 1 Buchst. c.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg (EFG 1998, 858)

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BFH-Urteil vom 13.11.2003 (V R 79/01) BStBl. 2004 II S. 375

1. Weist ein Unternehmer in einer Rechnung Umsatzsteuer gesondert erst zu einem Zeitpunkt aus, in dem die ursprünglich entstandene Steuer für seine Leistung wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr erhoben werden kann, so schuldet er die ausgewiesene Steuer nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG.

2. In diesem Fall liegt ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 vor.

UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 4 Nr. 8 Buchst. c, § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 3 Satz 2, § 13 Abs. 1 Nr. 3, § 14 Abs. 2 Satz 1, § 14 Abs. 3; UStG 1993 § 1 Abs. 1 a; Richtlinie 77/388/EWG Art. 10, Art. 21 Nr. 1 Buchst. c; AO 1977 § 47, §§ 169 ff., § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG vom 23. August 2001 5 K 534/96 (EFG 2001, 1576)

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EuGH-Urteil vom 8.5.2003 (C-269/00) BStBl. 2004 II S. 378

Die Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a und 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern sind so auszulegen, dass ein Steuerpflichtiger, der sich entscheidet, ein Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuzuordnen, und später einen Teil dieses Gebäudes für seinen privaten Bedarf verwendet, zum Abzug der auf die gesamten Herstellungskosten dieses Gebäudes entrichteten Vorsteuerbeträge berechtigt und dementsprechend verpflichtet ist, die Mehrwertsteuer auf den Betrag der Ausgaben für diese Verwendung zu zahlen.

Dagegen stehen die Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a und 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richtlinie nationalen Rechtsvorschriften entgegen, wonach diese Verwendung als eine - als Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe b - steuerfreie Dienstleistung behandelt wird, denn eine solche Verwendung, bei der es nicht nur an der Zahlung des Mietzines, sondern an einer wirklichen Vereinbarung über das Nutzungsrecht und über das Recht, die Wohnung in Besitz zu nehmen und andere von ihr auszuschließen, fehlt, fällt nicht unter diese Vorschrift.

Richtlinie 77/388/EWG Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c, Art. 13 Teil B Buchst. b.

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BFH-Urteil vom 30.7.2003 (VII R 45/02) BStBl. 2004 II S. 387

1. Ein Betroffener hat regelmäßig gegenüber dem Bundesamt für Finanzen keinen Anspruch auf die Erteilung einer Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten, wenn diese zu dem Zweck gesammelt und ausgewertet werden, um Informationen über Domizilgesellschaften zu erhalten. § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG erfordert insoweit eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragende Güterabwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der speichernden Stelle und dem Auskunftsinteresse des Betroffenen.

2. Die Aufgabennorm des § 5 Abs. 1 Nr. 6 FVG und die Befugnisnorm des § 88a AO 1977 sind verfassungsgemäß.

BDSG § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 19 Abs. 4 Nr. 1; FVG § 5 Abs. 1 Nr. 6; AO 1977 § 88a.

Vorinstanz: FG Köln vom 15. Mai 2002 2 K 1781/99 (EFG 2002, 1150)

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BFH-Urteil vom 16.12.2003 (VII R 24/02) BStBl. 2004 II S. 389

Der Anspruch auf Auszahlung des aus dem Arbeitsentgelt gebildeten Eigengeldguthabens eines Strafgefangenen ist nach Maßgabe der sich aus § 51 Abs. 4 und Abs. 5 StVollzG ergebenden Pfändungsbeschränkungen pfändbar. Die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO finden nach Sinn und Zweck dieser Pfändungsschutzvorschrift keine Anwendung.

AO 1977 §§ 309, 319; ZPO §§ 829, 850, 850c; StVollzG §§ 43, 47, 51 Abs. 4, § 52.

Vorinstanz: FG Berlin vom 4. März 2002 7 K 7416/01 (EFG 2002, 954; 380)

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BFH-Urteil vom 17.12.2003 (I R 1/02) BStBl. 2004 II S. 392

Eine rechtmäßig erlassene Arrestanordnung ist nicht gemäß § 325 AO 1977 wegen der Eröffnung des Konkurs-/Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners aufzuheben, wenn das FA die Arrestanordnung bereits vollzogen und dadurch ein Absonderungsrecht erlangt hat.

AO 1977 §§ 282, 324, 325; ZPO §§ 916, 917, 924, 925, 927; KO §§ 29, 35.

Vorinstanz: Hessisches FG vom 26. November 2001 4 K 4680/00 (EFG 2002, 1275)

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BFH-Urteil vom 30.10.2003 (III R 24/02) BStBl. 2004 II S. 394

1. Hat der Steuerpflichtige im Formular für die Einkommensteuererklärung in der "Anlage Kinder" die Geburtsdaten, das erhaltene Kindergeld, die Zeiten der Berufsausbildung und die Bruttoarbeitslöhne der Kinder angegeben, hat er damit konkludent Ausbildungsfreibeträge für die Kinder beantragt, auch wenn er die Rubrik "Ausbildungsfreibetrag" nicht ausgefüllt hat. Übergeht das FA derartige Anträge, ohne darauf im Einkommensteuerbescheid hinzuweisen, kann wegen der versäumten Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommen.

2. Der nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids gestellte Antrag auf Gewährung von Ausbildungsfreibeträgen ist keine die Änderung des Bescheids rechtfertigende neue Tatsache i.S. des § 173 AO 1977. Ist aus den Angaben in der Einkommensteuererklärung ersichtlich, dass sich die Kinder in der Ausbildung befinden, wird dem FA durch den Antrag auch nicht nachträglich als neue Tatsache bekannt, dass dem Steuerpflichtigen Aufwendungen für die Berufsausbildung seiner Kinder entstanden sind.

AO 1977 § 110, § 126 Abs. 3, § 173 Abs. 1 Nr. 2, § 355 Abs. 1; EStG § 33a Abs. 2 und 4.

Vorinstanz: FG Münster vom 14. November 2001 13 K 6697/99 E (EFG 2003, 62)

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BFH-Urteil vom 17.9.2003 (I R 12/02) BStBl. 2004 II S. 396

1. Eine Verkaufsstelle (§ 12 Satz 2 Nr. 6 AO 1977) ist nur dann eine Betriebsstätte, wenn sie eine i.S. des § 12 Satz 1 AO 1977 feste Geschäftseinrichtung oder Anlage ist.

2. Ein Verkaufsstand, den ein Unternehmen einmal im Jahr vier Wochen lang auf einem Weihnachtsmarkt unterhält, begründet keine Betriebsstätte.

AO 1977 § 12; GewStG § 28 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Köln vom 17. Dezember 2001 3 K 2338/01 (EFG 2002, 485)

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BFH-Urteil vom 22.10.2003 (I R 15/03) BStBl. 2004 II S. 398

Durch den Beschluss über eine offene Gewinnausschüttung für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr wird kein abweichender Zinslauf gemäß § 233a Abs. 2 a AO 1977 i.d.F. des JStG 1997 ausgelöst, wenn dieser Beschluss ein erstmaliger ist (Bestätigung der Senatsurteile vom 18. Mai 1999 I R 60/98, BFHE 188, 542, BStBl II 1999, 634; vom 18. Mai 1999 I R 90/98, BFH/NV 1999, 1448, und vom 29. November 2000 I R 45/00, BFHE 193, 500, BStBl II 2001, 326). Um einen erstmaligen Gewinnverwendungsbeschluss in diesem Sinne handelt es sich nicht, wenn er einen vorangegangenen Beschluss der Gesellschaft ersetzt, durch den der Gewinn des betreffenden Wirtschaftsjahres thesauriert wurde.

AO 1977 i.d.F. des JStG 1997 § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 233a Abs. 2 Satz 1, Abs. 2 a; KStG 1991/1996 §§ 27 ff.

Vorinstanz: FG Köln vom 21. Januar 2003 13 K 5507/02 (EFG 2003, 671)

 

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