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BFH-Urteil vom 6.10.2009 (IX R 14/08) BStBl. 2010 II S. 460
Steuerliche Zurechnung eines Teilgeschäftsanteils im Rahmen einer
Quotentreuhand
1.
Der Annahme eines zivilrechtlich wirksamen Treuhandverhältnisses steht nicht
entgegen, dass dieses nicht an einem selbständigen Geschäftsanteil, sondern
- als sog. Quotentreuhand - lediglich an einem Teil eines solchen
Geschäftsanteils vereinbart wird.
2.
Ein solcher quotaler Anteil ist steuerrechtlich ein Wirtschaftsgut i.S. des
§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO und stellt damit einen treugutfähigen Gegenstand
dar.
EStG § 17 Abs. 1 Satz 1, Satz 4; AO § 39
Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, § 41 Abs. 1 Satz 1, § 159
Abs. 1 Satz 1; FGO § 96 Abs. 1 Satz 1.
Vorinstanz: FG Münster vom 8. Februar 2008
11 K 500/05 E (EFG 2008, 947)
Sachverhalt
I.
1
Die Kläger und
Revisionskläger (Kläger) wurden als Eheleute im Streitjahr 1998 zusammen zur
Einkommensteuer veranlagt. Mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag
vom 17. Dezember 1997 gründeten die Kläger die F-GmbH; vom Stammkapital der
F-GmbH in Höhe von 100.000 DM übernahmen der Kläger und die Klägerin jeweils
eine Stammeinlage im Nennbetrag von 50.000 DM. In einem von dem Beklagten
und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) angeforderten Fragebogen zur
steuerlichen Erfassung der F-GmbH erklärten die Kläger unter dem 6. Januar
1998, mit jeweils 50.000 DM an der F-GmbH beteiligt zu sein; über das
Bestehen von Treuhandverhältnissen gaben die Kläger keine Erklärung ab.
2
Im Zuge einer bei den
Klägern durchgeführten - nicht die Verhältnisse des Streitjahres
betreffenden - steuerlichen Außenprüfung wurden dem Prüfer am 21. September
1998 vier jeweils auf den 17. Dezember 1997 datierte und mit
"Treuhandvertrag über einen Geschäftsanteil" überschriebene Verträge
vorgelegt, in denen der Kläger bzw. die Klägerin jeweils unter § 1 Ziff. 1
des Vertragstextes erklärten, an der am 17. Dezember 1997 zur Urkunden-Rolle
Nr. ... des Notars X gegründeten "F-GmbH i.G." einen Geschäftsanteil im
Nennbetrag von jeweils 50.000 DM zu halten. Ferner enthielten die Verträge
eine Vereinbarung darüber, dass
- die Klägerin einen
Teilgeschäftsanteil im Nennbetrag von 13.300 DM mit Gründung der
Gesellschaft als Treuhänderin für Herrn A hält;
- die Klägerin einen
Teilgeschäftsanteil im Nennbetrag von 20.000 DM mit Gründung der
Gesellschaft als Treuhänderin für Frau B hält;
- der Kläger einen
Teilgeschäftsanteil im Nennwert von 13.300 DM mit Gründung der Gesellschaft
als Treuhänder für Herrn R hält;
- der Kläger einen
Teilgeschäftsanteil im Nennwert von 20.000 DM mit Gründung der Gesellschaft
als Treuhänder für Frau C hält.
3
Die Kaufpreise für die in
den Treuhandabreden bezeichneten Quotenanteile des jeweiligen
Geschäftsanteiles sollten bis zum 5. Januar 1998 zu bezahlen sein. Nach den
weiteren Bestimmungen der Verträge waren der Kläger und die Klägerin als
Treuhänder u.a. bevollmächtigt, das Stimmrecht aus dem Geschäftsanteil -
gemäß den Weisungen der Treugeber - auszuüben.
4
Mit notariell beurkundetem
Abtretungsvertrag vom 29. Dezember 1998 veräußerten die Kläger die von ihnen
bei Gründung der F-GmbH übernommenen Geschäftsanteile im Nennbetrag von
jeweils 50.000 DM an die N-AG. Unter Ziff. III. 2. der Vertragsbestimmungen
erklärten die Kläger, "dass sie Eigentümer der übertragenen Geschäftsanteile
sind, diese insbesondere weder an einen Dritten abgetreten, noch belastetet
oder ver- oder gepfändet sind". Gründungsgesellschafter der am 7. Oktober
1998 gegründeten N-AG waren die Kläger sowie A, B, R und C.
5
Unter dem 30. September 1999
reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für das Streitjahr bei dem
FA ein. Einen Gewinn aus der Veräußerung ihrer Beteiligungen an der F-GmbH
erklärten sie nicht. Auf der Grundlage der eingereichten Erklärung setzte
das FA die Einkommensteuer für das Streitjahr unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) ohne Berücksichtigung
von Gewinnen der Kläger aus der Veräußerung ihrer Beteiligungen an der
F-GmbH fest.
6
Im Zuge einer weiteren, die
Verhältnisse im Streitjahr betreffenden steuerlichen Außenprüfung legten die
Kläger zusätzliche Unterlagen vor, die belegen sollten, dass die zwischen
den Klägern und den Treugebern A, B, R und C getroffenen
Treuhandvereinbarungen vor Gründung der F-GmbH getroffen worden seien. Zwar
habe man die vom 17. Dezember 1997 datierenden Treuhandverträge nachträglich
schriftlich niedergelegt; gleichwohl seien die Treuhandabreden bereits vor
Abschluss des notariellen Gesellschaftsgründungsvertrages mündlich
vereinbart und in der Folgezeit genau eingehalten worden. Dies werde nicht
zuletzt auch dadurch deutlich, dass die Kläger den Gewinn aus der
Veräußerung der Geschäftsanteile an der F-GmbH mit den Treugebern
entsprechend den vereinbarten Treuhandabreden geteilt hätten. Vor diesem
Hintergrund seien die Treuhandvereinbarungen steuerlich anzuerkennen mit der
Folge, dass die Kläger im Streitjahr nicht wesentlich i.S. des § 17 Abs. 1
Satz 1 i.V.m. Satz 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr
geltenden Fassung (EStG) beteiligt gewesen seien.
7
Das FA vertrat demgegenüber
die Auffassung, die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass sie ihre
Beteiligungen an der F-GmbH tatsächlich von deren Gründung an treuhänderisch
für die Treugeber A, B, R und C gehalten hätten. Die Umstände des
Streitfalles ließen es vielmehr als zweifelhaft erscheinen, dass die
Treuhandvereinbarungen, wie von den Klägern behauptet, bereits vor Gründung
der F-GmbH bestanden hätten. Eine nachträgliche Begründung von
Treuhandverhältnissen hätte indes zu ihrer Wirksamkeit einer notariellen
Beurkundung bedurft. Da es an einer solchen fehle, sei davon auszugehen,
dass die Kläger im Zeitpunkt der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an die
N-AG jeweils mit 50.000 DM am Stammkapital der F-GmbH beteiligt gewesen
seien. Unter dem 1. Oktober 2003 erließ das FA dementsprechend einen
geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem es nunmehr
auch einen von den Klägern aufgrund der Veräußerung ihrer Beteiligung an der
F-GmbH erzielten Gewinn in Höhe von jeweils 6.248.000 DM ansetzte.
8
Einspruch und Klage hatten
keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in Entscheidungen
der Finanzgerichte 2008, 947 veröffentlichten Urteil im Wesentlichen die
Auffassung, dass die von den Klägern mit den Treugebern A, B, R und C
geschlossenen Treuhandvereinbarungen schon deshalb zivilrechtlich unwirksam
seien, weil die Teilgeschäftsanteile, auf die sich die jeweiligen
Treuhandverhältnisse bezögen, weder bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages
am 17. Dezember 1997 noch in der Folge durch eine nach Maßgabe des § 17 des
Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung in der im
Streitjahr geltenden Fassung (GmbHG a.F.) vorgenommene Abtrennung von dem
jeweiligen restlichen Geschäftsanteil als selbständige Beteiligungsrechte
begründet worden seien; damit hätten diese bis zur Beendigung der
vereinbarten Treuhandverhältnisse zu keinem Zeitpunkt als selbständige
Rechte bestanden. Gegenstand eines zivilrechtlich wirksamen
Treuhandverhältnisses könne nur eine Sache bzw. ein Recht sein, die bzw. das
tatsächlich existiere, zumindest jedoch während des Bestehens des
Treuhandverhältnisses zu irgendeinem Zeitpunkt zur Entstehung gelange. Nur
in einem solchen Fall könnten sowohl Treugeber als auch Treuhänder ihre
jeweiligen Rechte und Pflichten aus dem Treuhandvertrag tatsächlich
erfüllen. Die an die Treugeber weitergeleiteten Veräußerungsgewinnanteile
seien auch nicht als Veräußerungskosten im Rahmen des § 17 EStG
gewinnmindernd zu berücksichtigen.
9
Mit ihrer Revision rügen die
Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Zu Unrecht gehe das FG davon aus,
dass die von den Klägern abgeschlossenen Treuhandvereinbarungen schon
deshalb als zivilrechtlich unwirksam anzusehen seien, weil sie sich
lediglich auf Teilgeschäftsanteile bezögen, die weder bei Abschluss des
Gesellschaftsvertrages am 17. Dezember 1997 noch in der Folge als
selbständiges Beteiligungsrecht begründet worden seien. Ferner habe das FG
im Rahmen der Prüfung des § 41 Abs. 1 Satz 1 AO zu Unrecht auf die
spezialgesetzliche Beweislastregel des § 159 AO abgestellt; diese sei kein
"Steuergesetz" i.S. des § 41 Abs. 1 Satz 2 AO. Jedenfalls hätte das FG die
an die Treugeber weitergeleiteten Kaufpreisteile bei der Ermittlung des
Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG gewinnmindernd berücksichtigen müssen. In
diesem Zusammenhang habe das FG ferner zu Unrecht die von den Klägern
angebotenen Zeugenbeweise nicht erhoben.
10
Die Kläger beantragen, den
im Verlauf des Klageverfahrens ergangenen Einkommensteueränderungsbescheid
vom 6. März 2006 sowie das Urteil des FG vom 8. Februar 2008 aufzuheben und
die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr mit der Maßgabe zu ändern,
dass aus der Veräußerung der Anteile an der F-GmbH kein Veräußerungsgewinn
erfasst wird.
11
Das FA beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
12
Das FA vertritt die
Auffassung, dass ein Treuhandvertrag, der, wie im Streitfall, sich auf einen
Teilgeschäftsanteil beziehe, nicht tatsächlich durchführbar und daher mit
den maßgeblichen Bestimmungen des GmbHG a.F. nicht vereinbar sei. Das FG
habe daher zu Recht die von den Klägern geschlossenen Treuhandvereinbarungen
- auch unter Berücksichtigung der Regelungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 i.V.m.
§ 159 Abs. 1 Satz 1 AO - als unwirksam angesehen. Zutreffend sei auch die
Auffassung des FG, dass eine gewinnmindernde Berücksichtigung der an die
Treugeber weitergeleiteten Kaufpreisteile als Veräußerungskosten nicht in
Betracht komme. Der von den Klägern gerügte Verfahrensfehler liege nicht
vor.
Entscheidungsgründe
II.
13
Die Revision ist begründet; sie führt zur
Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG
zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
14
1. Den gerügten Verfahrensmangel erachtet
der Senat für nicht durchgreifend und sieht insoweit von einer weiteren
Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).
15
2. Das FG ist indes zu Unrecht davon
ausgegangen, dass die zwischen den Klägern und A, B, R und C geschlossenen
Vereinbarungen allein deshalb zivilrechtlich als unwirksam anzusehen sind,
weil sie sich jeweils auf einen (rechnerischen) Quotenanteil eines
Geschäftsanteils bezogen haben, der nicht durch eine nach Maßgabe des
§ 17 GmbHG a.F. vorgenommene Abtrennung von dem jeweiligen Geschäftsanteil
der Kläger als selbständiges Beteiligungsrecht begründet worden ist; dies
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung. Das FG hat, ausgehend von seinem
Rechtsstandpunkt, nicht geprüft, ob die Quotenanteile mit Blick auf die
maßgeblichen Treuhandvereinbarungen nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO oder
ggf. nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO zuzurechnen sind. Der Senat kann auf
der Basis der vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend
beurteilen, ob die Kläger im Streitjahr wesentlich i.S. des § 17 Abs. 1
Satz 1, Satz 4 EStG an der F-GmbH beteiligt waren.
16
Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer
zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 AO). Abweichend von der zivilrechtlichen
Eigentümerstellung an Wirtschaftsgütern ist bei Vorliegen eines
Treuhandverhältnisses das Treugut steuerrechtlich dem Treugeber zuzurechnen
(§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO).
17
a) Die Kläger waren im Streitjahr
zivilrechtlich je zur Hälfte an der F-GmbH beteiligt. Nach Maßgabe der vom
17. Dezember 1997 datierenden Treuhandverträge hielten die Kläger jedoch
quotale Anteile ihrer jeweiligen Geschäftsanteile als Treuhänder für A, B, R
und C. Der Annahme eines (zivilrechtlich) wirksamen Treuhandverhältnisses
steht nicht entgegen, dass dieses nicht an einem selbständigen
Geschäftsanteil, sondern - als sog. Quotentreuhand - lediglich an einem Teil
eines solchen Geschäftsanteils vereinbart wird (vgl. Urteile des
Bundesgerichtshofs - BGH - vom 20. Januar 1966 II ZR 46/63,
Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 1966,
472; vom 13. Juni 1994 II ZR 259/92, Der Betrieb - DB - 1994, 1669, unter
II.2.a; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. Dezember 2007
VIII R 14/05, BFH/NV 2008, 745; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht,
4. Aufl., S. 1828, 1867; Priester, Quotentreuhand am GmbH-Anteil, in: Der
Fachanwalt für Steuerrecht im Rechtswesen 1999, 153; s. auch P. Fischer in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 39 AO Rz 170; Kruse in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 39 AO Rz 39, m.w.N.). Der Anteil an
einem selbständigen Geschäftsanteil ist steuerrechtlich ein Wirtschaftsgut
i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO und stellt damit einen treugutfähigen
Gegenstand dar. Die Treuhand bezeichnet in diesem Fall den Vertragszweck,
die Quote dagegen bestimmt - in technischer und betragsmäßiger Hinsicht -
die mittelbare Beteiligung des Treugebers am Geschäftsanteil.
18
b) Nicht jede formal als Treuhandvertrag
bezeichnete Vereinbarung führt allerdings zur steuerrechtlichen Anerkennung
eines Treuhandverhältnisses. Vielmehr muss der Treugeber sowohl rechtlich
als auch tatsächlich das Treuhandverhältnis beherrschen. Ein solches
Treuhandverhältnis liegt dem Grunde nach vor, wenn ein Gesellschafter als
Treuhänder Inhaber eines Geschäftsanteils mit der Maßgabe ist, die Rechte
aus der Beteiligung nur unter Beachtung eines mit dem Treugeber
geschlossenen Treuhandvertrages auszuüben. Die fiduziarische
Vollrechtstreuhand wird durch ein dingliches und obligatorisches Element
gekennzeichnet. Das dingliche Element bestimmt die Zuordnung des Rechts. Das
schuldrechtliche Element ist für die interne Bindung des Treuhänders
maßgebend. Das dingliche Rechtsverhältnis kann in Form der
Übertragungstreuhand, der Erwerbstreuhand oder als Vereinbarungstreuhand
zustande kommen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 745).
19
Bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis
tatsächlich gegeben und damit eine von der zivilrechtlichen Inhaberschaft
abweichende Zurechnung gerechtfertigt ist, ist ein strenger Maßstab
anzulegen. § 159 Abs. 1 Satz 1 AO enthält eine Beweisführungslastregelung
für den Fall, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1
Satz 2 AO streitig sind (BFH-Urteil vom 13. November
1985 I R 7/85, BFH/NV 1986, 638; Forchhammer in Leopold/Madle/Rader, AO,
§ 159 Rz 1). Allerdings befreit
§ 159 Abs. 1 AO das FG nicht von der Pflicht des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO,
nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen
Überzeugung zu entscheiden (BFH-Beschluss vom 10. Januar 2007 VIII B 221/05,
BFH/NV 2007, 1079).
20
3. Die Sache ist nicht spruchreif.
21
a) Das FG wird im zweiten Rechtsgang
zunächst die zwischen den Klägern und A, B, R und C getroffenen
Vereinbarungen nach Maßgabe der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches
(BGB) auszulegen haben; insbesondere ist von Bedeutung, inwieweit die
Verträge dem Wortlaut ihrer Bestimmungen nach Züge einer Erwerbstreuhand
oder eher solche einer Vereinbarungstreuhand tragen. Sodann wird das FG
weiter prüfen, ob die nach den genannten Maßstäben eingeordneten Verträge
nach den einschlägigen Bestimmungen des GmbHG a.F. der notariellen Form
bedurften. Kommt das FG zu dem Ergebnis, dass im Streitfall
Formerfordernisse nicht beachtet worden sind und das zugrundeliegende
Rechtsgeschäft vor diesem Hintergrund unwirksam ist, stünde dies nach § 41
Abs. 1 Satz 1 AO einer Zurechnung i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO dann
nicht entgegen, wenn nach dem Inhalt der formunwirksamen Abreden der
Treugeber einerseits alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen
Rechte (Vermögensrechte und Verwaltungsrechte) ausüben und im Konfliktfall
effektiv durchsetzen kann und andererseits die Vertragsparteien die in dem
formunwirksamen Vertrag getroffenen Vereinbarungen nachweislich in vollem
Umfang tatsächlich durchgeführt haben (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 2008
IX R 61/05, BFH/NV 2008, 2004, m.w.N.).
22
b) Kommt das FG zu dem Schluss, dass die
zwischen den Klägern und A, B, R und C getroffenen vertraglichen
Vereinbarungen nicht als Treuhandabrede auszulegen sind, ist zu prüfen, ob
eine (treuhänderische) Unterbeteiligung - etwa in der Rechtsform einer
BGB-Innengesellschaft - vorliegt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 2004,
m.w.N.; BGH-Urteil in DB 1994, 1669; Scholz/H. Winter/Seibt, GmbHG,
10. Aufl., § 17 Rz 4, zur vertraglichen Gestaltung bei Bruchteils- oder
Gesamtshandsgemeinschaften). In diesem Fall kann eine von der
zivilrechtlichen Inhaberschaft abweichende Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1
Satz 1 AO gerechtfertigt sein.
23
Die Rechtsstellung eines wirtschaftlichen
Eigentümers i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ist dadurch gekennzeichnet,
dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche
Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich
ausschließen kann. Ein an einem Kapitalgesellschaftsanteil zivilrechtlich
nicht unmittelbar Beteiligter ist wirtschaftlicher Eigentümer, wenn er nach
dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen
wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte) ausüben und im
Konfliktfall effektiv durchsetzen kann. Wirtschaftliches Eigentum in diesem
Sinne setzt regelmäßig voraus, dass der nicht unmittelbar Beteiligte
aufgrund eines zivilrechtlichen Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich
geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat und
die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte sowie das Risiko einer
Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind
(ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 2008 IX R 74/06, BFHE
222, 458, BStBl II 2009, 124, m.w.N.). Da es für die Besteuerung nicht auf
die äußere Rechtsform, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt,
ist auch bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Eigentums nicht das formal
Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich
Gewollte und das tatsächlich Bewirkte ausschlaggebend (BFH-Urteil in BFH/NV
2008, 2004, m.w.N.).
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