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  BFH-Urteil vom 15.12.1993 (X R 49/91) BStBl. 1994 II S. 687

1. Ein unvollständig beurkundeter und deswegen nach § 313 Satz 1, § 125 BGB formunwirksamer Kaufvertrag über ein Grundstück kann nach § 41 Abs. 1 AO 1977 eine für die Berechnung der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG maßgebende Veräußerung sein.

2. Wird infolge von Meinungsverschiedenheiten über die Formgültigkeit des innerhalb der Spekulationsfrist abgeschlossenen Grundstückskaufvertrages der Kaufpreis erhöht, kann der erhöhte Kaufpreis auch dann Veräußerungspreis i. S. von § 23 Abs. 4 Satz 1 EStG sein, wenn die Erhöhung nach Ablauf der Spekulationsfrist vereinbart und beurkundet wird.

AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1, § 41 Abs. 1; EStG § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 4 Satz 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für die Streitjahre 1978 und 1979 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Die Klägerin erwarb - über eine Stiftung als Treuhänderin - am 23. Januar 1976 im Wege der Zwangsversteigerung die Grundstücke

A, Grundbuch von A

Bl. 1238 A (13 607 qm, Verkehrswert lt. Sachverständigengutachten: 680.000 DM),

A, Grundbuch von A

Bl. 1827 (3.080 qm, Verkehrswert lt. Sachverständigengutachten: 154.000 DM).

Das Meistgebot betrug 600.000 DM. Die Stiftung blieb zunächst als Treuhänderin Eigentümerin.

Mit Vertrag vom 13. Dezember 1976 veräußerte die Stiftung die genannten Grundstücke (ca. 12.932 qm) zu einem Kaufpreis von 1.629.432 DM an die Fa. B. Dieser Vertrag wurde nicht durchgeführt, weil der Veräußerin in einem Umlegungsverfahren an Stelle der bisherigen Grundstücke andere Flächen zugewiesen wurden.

Mit notariellem Vertrag vom 17. Mai 1977 veräußerte die Stiftung aus dem Bestand der durch den Umlegungsbeschluß zugewiesenen Grundstücke Parzellen in der Größe von insgesamt 11.758 qm an die Fa. B zu einem Kaufpreis von 1.505.024 DM.

Unter dem 3. August 1978 teilte der Kläger der Grunderwerbsteuerstelle des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) mit, der Vertrag vom 17. Mai 1977 sei u. a. wegen Differenzen hinsichtlich des Umfangs und der Rechtswirkungen der abgegebenen Erklärungen aufgehoben worden. Unter dem Datum "29. März 1978" wurde der Kaufvertrag vom 17. Mai 1977 "in gegenseitigem Einverständnis" aufgehoben. Die Käuferin bewilligte gleichzeitig die Löschung der Auflassungsvormerkung. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit darüber, daß diese Erklärungen zeitlich nach Abschluß des Vertrages vom 29. Juni 1978 abgegeben worden sind.

Mit Vertrag vom 29. Juni 1978 veräußerte die Treuhänderin die Grundstücke abzüglich der Flurstücke 861 und 862 (1.446 qm) und eines Teils der Flurstücke 859 und 860 (476 qm) an die Fa. B zu einem Kaufpreis von nunmehr 1.984.617 DM. Die Übergabe des Besitzes wurde für den 1. Juli 1978 vereinbart. Zur Zahlung des Kaufpreises heißt es im Vertrag u. a.: "1.602.262 DM sind bezahlt. Der Restbetrag von 382.355 DM ist spätestens am 31.12.1978 zu zahlen".

Das FA nahm an, die von der Stiftung erworbenen Grundstücke seien der Klägerin als Treugeberin zuzurechnen. Es ging weiterhin davon aus, daß Teile der erworbenen Grundstücke bereits aufgrund des Vertrages vom 17. Mai 1977 veräußert worden seien; insoweit enthalte der Vertrag vom 29. Juni 1978 lediglich eine Ergänzung. Für die Ermittlung des Spekulationsgewinns sei jedoch vom endgültig vereinbarten Barkaufpreis gemäß Vertrag vom 29. Juni 1978 auszugehen. Das FA ermittelte den Spekulationsgewinn mit 1.306.727 DM (1978) und 21.863 DM (1979). Es erließ für die Streitjahre berichtigte Bescheide vom 14. Dezember 1984.

Das Finanzgericht (FG) hat die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage nach Beweiserhebung abgewiesen. Es hat zur Begründung u. a. ausgeführt:

Die Grundstücke seien der Klägerin als Treugeberin zuzurechnen. Zutreffend habe das FA ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft angenommen. Zeitpunkt der Anschaffung sei die Abgabe des Meistgebotes am 23. Januar 1976. Maßgebend für die Berechnung der Spekulationsfrist sei der am 17. Mai 1977 geschlossene Kaufvertrag. Dieser Vertrag sei entgegen der Ansicht der Klägerin nicht wegen Formmangels nichtig. Alle Abreden über die zu erbringende Gegenleistung seien notariell beurkundet worden. Die Vertragspartner hätten diesen Vertrag tatsächlich vollzogen. Die Erwerberin habe vertragsgemäß den Kaufpreis nebst vertraglich vorgesehener Verzinsung bis zum Februar 1978 geleistet. Die Auflassungsvormerkung sei antragsgemäß am 5. Oktober 1977 im Grundbuch eingetragen worden. Die steuerliche Wirkung des Vertrages vom 17. Mai 1977 sei durch den Aufhebungsvertrag vom 29. März 1978 nicht beseitigt worden. Im Ergebnis sei daher die tatsächliche Grundstücksübertragung mit einer Fläche von insgesamt 9.836 qm (entsprechend berichtigtem Urteilstatbestand) als Vollzug des innerhalb der Spekulationsfrist geschlossenen Vertrages vom 17. Mai 1977 anzusehen. Zwar sei die Ermittlung des Spekulationsgewinns zu korrigieren; dies führe jedoch im Ergebnis nicht zu einer Herabsetzung der Steuer.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts und Verfahrensmängel. Sie tragen u. a. vor:

Der Kaufvertrag vom 17. Mai 1977, der am 29. Juni 1978 aufgehoben worden sei, sei mangels vollständiger Beurkundung der zu erbringenden Gegenleistung formnichtig gewesen. Die Vereinbarung über die Bebauung der Parzellen 861 und 862 und über die Übereignung von Einfamilienhäusern an die Stiftung hätte mitbeurkundet werden müssen. Am 29. Juni 1978 sei ein neuer notarieller Kaufvertrag "mit wesentlich geänderten Hauptverpflichtungen" geschlossen worden. Der notarielle Vertrag vom 17. Mai 1977 sei für den Zeitpunkt der Veräußerung i. S. des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht maßgebend, weil er nichtig gewesen und das Eigentum nicht auf der Grundlage dieses Vertrages übertragen worden sei.

Das FG hätte aufklären müssen, ob zwischen dem Kläger und der Fa. B bei den Verhandlungen im Mai 1977 eine mündliche Vereinbarung über die Bebauung der Parzellen 861 und 862 getroffen worden sei. Diesbezüglich habe das FG nicht das gesamte Ergebnis des Verfahrens gewürdigt.

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil sowie die Einkommensteuerbescheide für 1978 und 1979 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 1986 aufzuheben und die Einkommensteuer unter Zugrundelegung eines für 1978 um 1.306.727 DM und für 1979 um 21.863 DM verminderten Einkommens neu festzusetzen, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision und den Hilfsantrag als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, daß mit der Veräußerung der Grundstücke durch den Vertrag vom 17. Mai 1977 ein Spekulationsgeschäft i. S. des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG abgeschlossen worden ist. Veräußerungspreis (§ 23 Abs. 4 Satz 1 EStG) ist der aufgrund von Nachverhandlungen erzielte Kaufpreis lt. Vertrag vom 29. Juni 1978.

2. Spekulationsgeschäfte sind Veräußerungsgeschäfte, bei denen - wenn Gegenstand Grundstücke sind - der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zwei Jahre beträgt (§§ 2 Abs. 1 Nr. 7, 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG).

a) Für die Berechnung des Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzlich die Zeitpunkte des Abschlusses der obligatorischen Verträge maßgebend (vgl. BFH-Urteile vom 30. November 1976 VIII R 202/72, BFHE 120, 522, BStBl II 1977, 384; vom 8. Dezember 1981 VIII R 125/79, BFHE 135, 426, BStBl II 1982, 618). Die Abgabe des Meistgebots entspricht in ihrer Wirkung dem Abschluß eines schuldrechtlichen Kaufvertrages über ein Grundstück und erfüllt damit den Anschaffungstatbestand des § 23 EStG (BFH-Urteile vom 28. Juni 1977 VIII R 30/74, BFHE 123, 27, BStBl II 1977, 827; vom 29. März 1989 X R 4/84, BFHE 156, 465, BStBl II 1989, 652).

b) Hat ein Steuerpflichtiger ein Grundstück in ein Umlegungsverfahren eingebracht und wird ihm dafür ein anderes Grundstück zugeteilt, ist die Zuteilung keine Anschaffung i. S. von § 23 EStG; die Spekulationsfrist beginnt in einem solchen Falle mit dem Erwerb des in das Umlegungsverfahren eingebrachten Grundstücks (BFH-Urteil vom 15. Januar 1974 VIII R 63/68, BFHE 112, 31, BStBl II 1974, 606). Hieraus folgt für den Streitfall, daß die Anschaffung i. S. von § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf den 23. Januar 1976 anzusetzen ist.

c) Zur Frage, ob ein formunwirksames Rechtsgeschäft die Tatbestandsmerkmale "Anschaffung" bzw. "Veräußerung" erfüllt, hat sich der BFH wie folgt geäußert:

Im Urteil vom 23. April 1965 VI 189/64 (Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz - bis 1974 -, § 23, Rechtsspruch 24) hat er beiläufig ausgeführt, für die Anwendung des § 23 EStG sei unter Umständen auf das dingliche Geschäft zurückzugreifen, wenn z. B. der nicht formgerechte schuldrechtliche Vertrag erst durch die Eigentumsübertragung wirksam geworden sei; dann sei der Zeitpunkt der Eigentumsübertragung maßgebend. Nach dem BFH-Urteil vom 19. Oktober 1971 VIII R 84/71 (BFHE 104, 513, BStBl II 1972, 452) ist die zur Erfüllung des gesetzlichen Tatbestands erforderliche rechtliche Bindung nicht gegeben, wenn ein formunwirksames Verkaufsangebot abgegeben wird; lasse man ein Angebot genügen, so sei dies bereits eine erweiternde Auslegung des Begriffs "Veräußerung"; diese Auslegung könne nicht auf formungültige und damit nichtige Vertragsgestaltungen ausgedehnt werden. Erlange der Erwerber - im Zusammenhang mit dem formunwirksamen Angebot - nicht bereits wirtschaftliches Eigentum an dem Grundstück, sei auch die Berufung auf § 5 Abs. 3 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG - (§ 41 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -) nicht stichhaltig. In dem nicht veröffentlichten Urteil vom 12. Dezember 1972 VIII R 62/68 hat der BFH erkannt, daß ein privatschriftlicher Kaufanwartschaftsvertrag über den Verkauf eines Grundstücks keine bindende Kaufverpflichtung begründe; werde nicht zugleich das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück eingeräumt, könne der Tatbestand des § 23 EStG nicht erfüllt sein.

Andererseits gehen das Urteil in BFHE 120, 522, BStBl II 1977, 384, und das Urteil vom 10. März 1981 VIII R 164/80 (nicht veröffentlicht) davon aus, daß § 5 Abs. 3 StAnpG - die Vorläufervorschrift des § 41 Abs. 1 AO 1977 - anwendbar sein kann.

3. Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob der Vortrag der Kläger zutrifft, wesentliche Vertragsbedingungen seien nicht beurkundet worden. Auch braucht nicht entschieden zu werden, ob es der Klägerin nach den Grundsätzen über Treu und Glauben verwehrt war, sich auf die behauptete Formunwirksamkeit zu berufen. Nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte ist die Formnichtigkeit aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit unbeachtlich, wenn die Nichtanerkennung des Vertrages für die betroffene Partei zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führt; solches wird angenommen bei einer besonders schweren Treueverletzung des Vertragspartners (Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 27. Juni 1988 II ZR 143/87, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1989, 166, m. w. N.; vgl. zur entsprechenden steuerrechtlichen Problematik Senatsurteil vom 17. Juni 1992 X R 47/88, BFHE 169, 103, BStBl II 1993, 174). Diese Voraussetzung könnte deswegen vorliegen, weil nach dem eigenen Vortrag der Kläger im Revisionsverfahren der Kläger die Verkaufsverhandlungen mit der Fa. B geführt und den Vertrag anschließend als Notar - versehentlich unvollständig - beurkundet hat; dies zudem in einer "Angelegenheit seines Ehegatten" i. S. von § 3 Abs. 1 Nr. 2 Beurkundungsgesetz.

Jedenfalls erfüllen der Vertrag vom 17. Mai 1977 und sein tatsächlicher Vollzug den Tatbestand der Veräußerung i. S. von § 23 EStG. Die Vertragsbeteiligten haben das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts eintreten und bestehen lassen (§ 41 Abs. 1 AO 1977). Dieser innerhalb der zweijährigen Spekulationsfrist liegende Zeitpunkt ist auch insofern für die Besteuerung maßgebend, als der Kläger durch erfolgreiche Nachverhandlungen eine Verringerung der Grundstücksfläche und eine Erhöhung des Kaufpreises erreichen konnte.

a) Die vorstehend unter 2. c wiedergegebene Rechtsprechung hat sich nicht mit der Frage befaßt, ob ein inhaltlich unvollständig beurkundeter Vertrag den Tatbestand der Veräußerung erfüllen kann. Der erkennende Senat bejaht dies aufgrund folgender Erwägungen:

Ein gesetzlicher Tatbestand, der wie die Grundstücksveräußerung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG eine rechtliche Bindung des Veräußerers voraussetzt, ist, wenn ein Erwerb oder eine Veräußerung - obwohl gesetzlich gefordert - überhaupt nicht beurkundet wird, nicht erfüllt und kann auch nicht über § 41 AO 1977 angewendet werden. Denn das "wirtschaftliche Ergebnis" einer auf einem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft beruhenden Änderung in der rechtlichen oder wirtschaftlichen Zuordnung (§ 39 AO 1977) kann objektiv nicht eintreten, wenn jegliche Beurkundung unterblieben ist. Insoweit wird Bezug genommen auf die Rechtsprechung des BFH zur grunderwerbsteuerrechtlichen Behandlung formunwirksamer Verpflichtungsgeschäfte (z. B. BFH-Urteil vom 17. Dezember 1975 II R 35/69, BFHE 118, 367, 370, BStBl II 1976, 465, mit ausführlichen Nachweisen der Rechtsprechung; Boruttau/Egly/Sigloch, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 13. Aufl., 1992, § 1 Rdnrn. 291 ff.). Aufgrund eines offensichtlich formunwirksamen Verpflichtungsgeschäfts darf eine Anschaffung nicht beurkundet werden (§ 925 a des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -); die Eintragung im Grundbuch kann erst erfolgen, wenn Kaufvertrag und Auflassung vorliegen (§ 29 der Grundbuchordnung).

Eine andere Beurteilung ist geboten, wenn die Vertragspartner den Anschein eines - vollständig - beurkundeten und in dieser Hinsicht wirksamen Rechtsgeschäfts erwecken. In einem solchen Fall können die Beteiligten i. S. des § 41 Abs. 1 AO 1977 das wirtschaftliche Ergebnis des Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen, indem sie ihren Erklärungen gemäß auf die Erfüllung hinwirken; denn die Beteiligten handeln hier ungeachtet der (ihnen bewußten oder unbewußten) Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts tatsächlich so, als ob es gültig wäre. Mit dieser Begründung hat der II. Senat des BFH entschieden, daß die Grunderwerbsteuer aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) ungeachtet der zivilrechtlichen Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäftes mit dessen Abschluß und der Höhe nach so entsteht, wie wenn das unwirksame Rechtsgeschäft seinem ganzen Inhalt nach gültig wäre; der Steueranspruch erlischt, wenn die Beteiligten vom Vollzug des unwirksamen Rechtsgeschäfts Abstand nehmen und sich gegenseitig die etwa ausgetauschten Leistungen zurückgewähren (BFH-Urteile vom 19. Juli 1989 II R 83/85, BFHE 158, 126, BStBl II 1989, 989; vom 5. Juni 1991 II R 83/88, BFH/NV 1992, 267; zustimmend Boruttau/Egly/Sigloch, a. a. O., § 1 Rdnr. 295).

Diese Erwägungen hält der erkennende Senat auch bei der Auslegung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG für maßgebend. Die vorstehend unter 2. c wiedergegebenen Entscheidungen des BFH stehen dem nicht entgegen, weil sie jeweils andere Sachverhalte (z. B. privatschriftliches Angebot, formunwirksamer Kaufanwartschaftsvertrag) betrafen.

b) Die aufgrund des Vertrages vom 17. Mai 1977 geschaffene rechtliche und wirtschaftliche Situation ist auch nicht rückgängig gemacht worden. Nach den Feststellungen des FG wie auch nach dem eigenen Vortrag der Kläger im Revisionsverfahren ist die "Aufhebung" des Vertrages in Wirklichkeit erst im unmittelbaren Anschluß an den Vertrag vom 29. Juni 1978 vorgenommen worden. Diese "Aufhebung" war nicht geeignet, das bei der Anwendung des § 41 AO 1977 vorausgesetzte wirtschaftliche Ergebnis des Vertrages vom 17. Mai 1977 nachträglich entfallen zu lassen. Bereits zum Zeitpunkt der "Aufhebung" stand aufgrund der nunmehr formwirksamen Vereinbarung fest, daß eine Rückabwicklung der bisherigen Leistungen nicht beabsichtigt war. Der - möglicherweise formunwirksame - Vertrag vom 17. Mai 1977 wurde lediglich hinsichtlich des Kaufpreises und eines prozentual geringfügigen Teils der veräußerten Grundfläche abgeändert (vgl. zur Grunderwerbsteuer BFH-Urteil vom 17. Oktober 1990 II R 148/87, BFH/NV 1991, 413).

Der modifizierte Vertrag hat letztlich zur Umschreibung des Eigentums geführt. Deswegen hat der erkennende Senat keinen Anlaß zu entscheiden, ob für den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG die sachenrechtliche Erfüllung durch Lieferung des Gegenstandes erforderlich ist (offengelassen im Urteil in BFHE 135, 426, BStBl II 1982, 618).

c) Entgegen der Auffassung der Kläger fehlt es an der in § 23 Abs. 1 EStG vorausgesetzten Identität von angeschafftem und veräußertem Gegenstand nicht etwa deshalb, weil sich der Wert der Grundstücke aufgrund kommunaler Planungsmaßnahmen bis zur endgültigen Festlegung des Kaufpreises erhöht hat.

4. Ungeachtet des Umstandes, daß die Erhöhung des Kaufpreises möglicherweise erst nach Ablauf der Spekulationsfrist vereinbart worden ist, bleiben der Vertrag vom 17. Mai 1977 und sein tatsächlicher Vollzug für die Berechnung der Spekulationsfrist maßgebend. Der durch Nachverhandlungen erzielte erhöhte Preis hat seine wirtschaftliche und gemäß § 41 Abs. 1 AO 1977 steuerrechtlich maßgebende Grundlage im Vertrag vom 17. Mai 1977. Dies ist für die Auslegung des § 23 EStG entscheidend.

Der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG setzt voraus, daß "der Zeitpunkt zwischen Anschaffung und Veräußerung" nicht mehr als zwei Jahre beträgt. Gewinn oder Verlust aus einem Spekulationsgeschäft ist der Unterschied zwischen dem Veräußerungspreis und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten (§ 23 Abs. 4 Satz 1 EStG). Der Gesetzeswortlaut deckt die Einbeziehung eines Entgeltbestandteils, der nach Ablauf der Spekulationsfrist vereinbart wird und nachträglich den Veräußerungspreis erhöht. Dem steht nicht entgegen, daß für die Berechnung der Spekulationsfrist grundsätzlich der Abschluß der schuldrechtlichen Verträge maßgebend ist. Diese Regel findet ihre Rechtfertigung zum einen darin, daß nach Sinn und Zweck des § 23 EStG bereits die Tätigkeit des Steuerpflichtigen, durch die er die für die Veräußerung maßgebenden Grundlagen setzt, entscheidend sein soll; zum anderen darin, daß der Übergang des zivilrechtlichen Eigentums mehr oder weniger vom Zufall abhängt (vgl. BFH-Urteile vom 22. November 1963 VI 120/62, StRK, Einkommensteuergesetz - bis 1974 -, § 23, Rechtsspruch 14; vom 27. Oktober 1967 VI R 127/66, BFHE 90, 478, BStBl II 1968, 142) und auch der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums von den Vertragsparteien frei bestimmt werden kann.

Diese Erwägungen hindern es aber nicht, ein nachträgliches Veräußerungsentgelt jedenfalls dann in den Spekulationsgewinn einzubeziehen, wenn - wie im Streitfall geschehen - "die für die Veräußerung maßgebenden Grundlagen" innerhalb der Spekulationsfrist gesetzt sind und es dem Veräußerer gelingt, auf der Grundlage des faktisch vollzogenen und von den Vertragschließenden letztlich nicht in Frage gestellten Vertrages den Veräußerungspreis zu erhöhen. Es kann dann nicht darauf ankommen, ob der endgültige Kaufpreis noch innerhalb der Spekulationsfrist vereinbart worden ist. Die Spekulationsfrist muß anhand objektiver, von den Vertragsparteien selbst gesetzter und damit verläßlicher Daten bestimmt werden können. Daher kann der Kläger mit seinem Vortrag, der Wert der veräußerten Grundstücke habe sich infolge baurechtlicher Änderungen erst im Frühjahr 1978 erhöht, aus Rechtsgründen nicht gehört werden. Darüber hinaus ist es auch in tatsächlicher Hinsicht nicht möglich, den Wertzuwachs der Grundstücke in der vom Kläger gewünschten Weise zeitlich zuzuordnen.

5. Mit ihren Rügen, das FG habe gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) und gegen seine Pflicht verstoßen, das gesamte Ergebnis des Verfahrens zu berücksichtigen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), greifen die Kläger die Feststellung des FG an, eine Vereinbarung über zu erstellende und der Stiftung oder Dritten zu übereignende Einfamilienhäuser sei nicht zustande gekommen und habe daher auch nicht nach § 313 BGB beurkundet werden müssen. Auf diese Feststellung des FG kommt es indes nach den vorstehenden Ausführungen aus materiell-rechtlichen Gründen nicht an.