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  BFH-Urteil vom 9.3.1990 (VI R 48/87) BStBl. 1990 II S. 711

1. Veranstaltet der Arbeitgeber sogenannte Incentive-Reisen, um bestimmte Arbeitnehmer für besondere Leistungen zu belohnen und zu weiteren Leistungssteigerungen zu motivieren, so erhalten die Arbeitnehmer damit einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil, wenn auf den Reisen ein Besichtigungsprogramm angeboten wird, das einschlägigen Touristikreisen entspricht, und der Erfahrungsaustausch zwischen den Arbeitnehmern demgegenüber zurücktritt.

2. Der Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn steht nicht entgegen, daß durch die Zuwendungen an den Arbeitnehmer eine Umsatzsteigerung bei der Arbeitgeberin und eine Erhöhung der umsatzabhängigen Provisionseinnahmen bei den Arbeitnehmern bewirkt werden sollen.

3. Bei einer Sachzuwendung ist der Zufluß eines geldwerten Vorteils zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer den Vorteil tatsächlich in Anspruch genommen hat. Es kommt nicht darauf an, ob er ihn an einen Dritten abtreten oder ihn in Geld umsetzen kann.

4. Eine Betriebsveranstaltung, die bis 1974 nach § 35a LStDV, ab 1975 nach § 40 Abs. 2 Satz 1 EStG eine pauschale Erhebung von Lohnsteuer rechtfertigen kann, ist nur gegeben, wenn sie grundsätzlich allen Arbeitnehmern offensteht, die Teilnahme an ihr also keine Privilegierung einzelner Arbeitnehmer darstellt.

EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1; LStDV vor 1975 § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 35a.

Vorinstanz: FG Düsseldorf (EFG 1987, 457)

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) gründete im Jahre 1969 einen sog. Leistungs-Club. Diejenigen ihrer Mitarbeiter, die eine hundertprozentige Leistung oder ein Übersoll davon erbringen, werden in diesen Club aufgenommen. Nach § 8 der Satzung ist der Club eine an den sportlichen Wettkampfehrgeiz eines jeden Mitarbeiters appellierende Einrichtung, an der teilzunehmen und deren Ehrung entgegenzunehmen jedem Mitarbeiter freigestellt ist. Während einer jährlichen luxuriös ausgestatteten drei- bis viertägigen Auslandsreise wird für die Mitglieder des Clubs eine feierliche Siegerehrung durchgeführt. Ziel der Auslandsreisen waren in den Streitjahren 1969 bis 1974 Stockholm, Athen, Las Palmas, St. Moritz und Rom. Die Aufwendungen hierfür beliefen sich jeweils auf rd. 130.000 bis 415.000 DM.

Die Klägerin sah die Club-Reisen als Betriebsveranstaltungen i.S. des § 35a der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) vor 1975 (a.F.) an und unterwarf sie als Sachzuwendungen einer zwanzigprozentigen Pauschalbesteuerung.

Aufgrund einer Lohnsteuer-Außenprüfung wertete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Reisen als zusätzlichen Arbeitslohn der Mitglieder, der nach den allgemeinen lohnsteuerrechtlichen Bestimmungen zu versteuern sei. Das FA erließ daher gegen die Klägerin am 21. Juni 1976 einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid, mit dem es 504.734 DM Lohnsteuer, je 15.819 DM evangelische und römisch-katholische Kirchensteuer sowie 23.227 DM Ergänzungsabgabe anforderte. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

Während des Klageverfahrens erließ das FA am 25. März 1985 einen "geänderten Nachforderungsbescheid" über nunmehr insgesamt 231.483 DM, in dem die Lohnsteuer nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1985) pauschaliert und nach dem Bruttoprinzip für die einzelnen Jahre errechnet wurde. Die Klägerin erklärte diesen Bescheid nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch das - teilweise in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1987, 457 veröffentlichte - Urteil ab. Es führte u.a. aus:

Das FA habe die Ausgaben für die Auslandsreisen zu Recht als Einnahmen aus dem Dienstverhältnis der teilnehmenden Arbeitnehmer gewürdigt und bei der Klägerin als Arbeitgeberin pauschal durch Steuerbescheid der Lohnsteuer unterworfen.

a) Die Club-Reisen könnten nicht als Dienstreisen gewertet werden, so daß steuerfreier Reisekostenersatz nach § 3 Nr. 16 EStG 1969 bis 1974 (EStG) nicht vorläge. Die Auslandsaufenthalte des Clubs seien nicht durch berufliche Schulungsveranstaltungen oder systematischen Austausch beruflicher Erfahrungen geprägt gewesen. Sie seien vielmehr in ganz überwiegendem Maße durch Besichtigungsfahrten und kulturelle Veranstaltungen gekennzeichnet gewesen, wie sie bei einschlägigen Touristikreisen üblich seien. Die feierlichen Siegerehrungen und Ansprachen der Geschäftsleitung hätten sich jeweils auf eine mehrstündige Veranstaltung beschränkt. Berufliche Kommunikation und Erfahrungsaustausch hätten lediglich gelegentlich der Auslandsreisen stattgefunden. Gegen das Vorliegen von Dienstreisen spräche auch die Teilnahme der Ehefrauen der Arbeitnehmer.

b) Die Auslandsreisen seien keine Betriebsveranstaltungen i.S. des § 35a LStDV a.F. gewesen; denn sie seien nicht sämtlichen Betriebsangehörigen, sondern nur Mitgliedern des Clubs angeboten worden. Das widerspreche dem Begriff der Betriebsveranstaltung im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. März 1976 VI R 76/73 (BFHE 118, 434, BStBl II 1976, 392, 393).

c) Die Teilnahme an den Auslandsreisen stelle sich als Belohnung für außergewöhnliche Arbeitserfolge der Mitglieder des Clubs dar. Der hierin liegende geldwerte Vorteil sei Arbeitslohn. Die Zuwendungen seien dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zugeflossen, da nur Arbeitnehmer der Klägerin Mitglieder des Clubs hätten werden können, die bestimmte, durch die Unternehmensleitung der Klägerin festgelegte Arbeitserfolge erzielt hätten. Die Auslandsreisen seien planmäßig als Anreiz für besondere Arbeitsleistungen angeboten worden. Sie seien als sog. Incentive-Reisen zu werten, die eine besondere Form des Marketings darstellten. Incentive (das heißt Ansporn)-Reisen hätten das Ziel, neue Produkte an den Markt zu bringen oder höhere Umsätze zu erzielen. Die Teilnehmer würden in einem mehrmonatigen Wettbewerb ermittelt.

d) Die Auslandsreisen seien nicht in überwiegend eigenbetrieblichem Interesse der Klägerin durchgeführt worden. Denn sie seien eindeutig Gegenleistungen für einen besonderen Arbeitserfolg der Arbeitnehmer. Die Teilnehmer hätten in den Reisen eine herausgehobene berufliche Ehrung und einen hohen Erlebniswert erblickt. Der Vorteil sei ihnen nicht aufgezwungen worden.

e) Die Arbeitnehmer der Klägerin seien durch die Teilnahme an den Reisen wirtschaftlich bereichert worden. Die Bereicherung liege in der Ersparnis der auf die einzelnen Arbeitnehmer entfallenen Kostenanteile des der Klägerin in Rechnung gestellten Gesamtbetrages. Sie hänge nicht davon ab, ob die Arbeitnehmer über die Zuwendung frei hätten verfügen können. Maßgebend sei allein, daß die Arbeitnehmer den zugewandten Vorteil tatsächlich in Anspruch genommen hätten.

Aus der jeweiligen Sachzuwendung könne kein sog. Luxusanteil ausgeschieden werden. Denn es komme nicht darauf an, ob ein Arbeitnehmer, soweit er die Reise selbst finanziert hätte, Ausgaben für besonderen Luxus gemacht haben würde. Ein geldwerter Vorteil, den der Arbeitnehmer in Anspruch genommen habe, sei einheitlich zu würdigen und nicht teilbar.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt sinngemäß die unzutreffende Anwendung des § 19 EStG und beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung sowie den Nachforderungsbescheid vom 25. März 1985 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Denn das FG hat die Ausgaben der Klägerin für die Auslandsreisen des Clubs ohne Rechtsverstoß als Einnahmen aus dem Dienstverhältnis der teilnehmenden Arbeitnehmer angesehen, die nicht der pauschalen Lohnsteuer nach § 35a LStDV a.F. zu unterwerfen waren.

1. Zu den steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Diese Bezüge und Vorteile müssen durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlaßt sein (vgl. z.B. Urteile des Senats vom 17. September 1982 VI R 75/89, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39, und vom 11. März 1988 VI R 106/84, BFHE 153, 324, BStBl II 1988, 726). Nach § 2 Abs. 1 LStDV a.F. sind steuerpflichtige Einnahmen aus dem Dienstverhältnis alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und unter welcher Bezeichnung oder Form sie gewährt werden.

Diese Voraussetzung hat das FG bezüglich der den Teilnehmern an den Incentive-Reisen zugeflossenen geldwerten Vorteile zu Recht bejaht.

Die Klägerin hat den in Betracht kommenden Arbeitnehmern dadurch eine Vergünstigung gewährt, daß sie für die Mitglieder des Leistungs-Clubs alljährlich eine drei- bis viertägige Auslandsreise mit ausgedehntem Besichtigungsprogramm in Form üblicher Touristikreisen veranstaltete. Der geldwerte Vorteil in Form einer kostenlosen Teilnahme an den Reisen floß gemäß den zutreffenden Ausführungen des FG den Arbeitnehmern aus ihrem Dienstverhältnis zur Klägerin zu. Er war als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit dieser Personen anzusehen (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529, 530), weil nur die Arbeitnehmer in den Club aufgenommen wurden und somit an der drei- bis viertägigen Auslandsreise teilnehmen konnten, die eine hundertprozentige Leistung oder ein Übersoll davon erbracht hatten. Das FG weist in diesem Zusammenhang zu Recht auf das Urteil des Senats vom 18. März 1986 VI R 49/84 (BFHE 146, 262, BStBl II 1986, 575, 576 linke Spalte zu den Entscheidungsgründen unter Nr. 2 Buchst. b Abs. 2) hin, wonach Zuwendungen als Ertrag der Arbeit im weitesten Sinne zu beurteilen und von den betroffenen Arbeitnehmern auch so gewertet werden, wenn es sich um Belohnungen einer kleinen Gruppe von Arbeitnehmern für ihren besonderen Arbeitseinsatz handelt. Solche Umstände hat das FG im Streitfall im einzelnen ohne Rechtsverstoß festgestellt. Es ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Arbeitnehmer der Klägerin durch die Teilnahme an den Auslandsreisen wirtschaftlich objektiv bereichert waren (vgl. auch BFH-Urteil vom 7. Juli 1961 VI 176/60 S, BFHE 73, 485, BStBl III 1961, 443), weil die Zuwendungen für sie einen wirtschaftlichen Wert hatten (vgl. Urteil in BFHE 86, 642, BStBl III 1966, 607) und eine wirtschaftliche Bereicherung und somit eine Steigerung der Leistungsfähigkeit auslösten, weil hierdurch entsprechende Ausgaben erspart wurden (vgl. auch BFH-Urteil vom 23. Oktober 1985 I R 248/81, BFHE 145, 175, BStBl II 1986, 178).

Das FG hat es ferner zu Recht als unerheblich angesehen, ob die Arbeitnehmer Ausgaben auch getätigt hätten, wenn sie die Vorteile nicht kostenlos hätten bekommen können. Denn allein entscheidend ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats der Umstand, daß der Arbeitnehmer den Vorteil tatsächlich in Anspruch genommen hat (vgl. insbesondere BFH-Urteile vom 20. August 1965 VI 54/64 U, BFHE 84, 279, BStBl III 1966, 101, betreffend Freiflüge oder verbilligte Flüge der Bediensteten einer Fluggesellschaft; vom 25. September 1970 VI R 85/68, BFHE 100, 202, BStBl II 1971, 55, betreffend Freifahrkarten von Bundesbahnbediensteten; vom 22. Oktober 1976 VI R 26/74, BFHE 120, 379, BStBl II 1977, 99, betreffend die kostenlose Führung von Ferngesprächen durch Bedienstete der Deutschen Bundespost, und das Urteil des Senats vom 2. Februar 1990 VI R 15/86, BFHE 159, 513, BStBl II 1990, 472, betreffend die verbilligte Überlassung von PKW durch den Arbeitgeber). Gegenteiliges läßt sich aus dem Urteil des Senats in BFHE 86, 642, BStBl III 1966, 607 nicht entnehmen.

2. Die Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch.

a) Das FG hat das Vorliegen von Dienstreisen im Hinblick darauf verneint, daß die Auslandsaufenthalte der Clubmitglieder und ihrer Ehefrauen nicht durch berufliche Schulungsveranstaltungen oder systematischen Austausch beruflicher Erwägungen geprägt, sondern im ganz überwiegenden Maße durch Besichtigungsfahrten und kulturelle Veranstaltungen gekennzeichnet gewesen seien. Der Senat ist an diese Würdigung der tatsächlichen Umstände nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, da die Klägerin in bezug hierauf keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht hat.

Die von der Klägerin herausgestellte Möglichkeit des Erfahrungsaustausches und der Kommunikation unter den Teilnehmern hat das FG bei der Würdigung des Sachverhalts nicht übersehen. Es hat hierin jedoch nicht den Hauptzweck der Reise erblickt, sondern sich von der Erwägung leiten lassen, daß solche Gespräche nur gelegentlich der Auslandsreisen stattgefunden hätten. Diese Würdigung ist anhand der von der Klägerin eingereichten Unterlagen rechtlich durchaus möglich.

Soweit die Klägerin in der Revisionsschrift geltend macht, Ehefrauen der Teilnehmer seien nur bei einer Reise zu Beginn des Incentive-Programms, nicht aber bei den nachfolgenden Reisen dabei gewesen, handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO als Revisionsinstanz nicht berücksichtigen kann.

b) Unbegründet ist auch der Einwand der Klägerin, sie habe die Incentive-Reisen aus überwiegend eigenbetrieblichem Interesse veranstaltet.

Das FG hat nicht übersehen, daß die Reisen im unternehmerischen Interesse der Klägerin lagen, weil sie durch Gründung des Leistungsclubs, durch Veranstaltung von jährlich einer drei- bis viertägigen Auslandsreise für die Club-Mitglieder und durch die Siegerehrung während der Reise ihre Arbeitnehmer zu besonderen Leistungen motivieren wollte. Diese Leistungssteigerungen lagen im Interesse der Klägerin, da sie zu erhöhten Umsätzen führten.

Diese Umstände zeigen, daß die von der Klägerin ergriffenen Maßnahmen eindeutig betrieblich veranlaßt waren und daß die hierbei angefallenen Aufwendungen Betriebsausgaben darstellten. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. insbesondere Urteil in BFHE 146, 262, BStBl II 1986, 575) ist der Begriff der betrieblichen Veranlassung jedoch nicht mit dem die Annahme von Arbeitslohn ausschließenden Begriff des überwiegend eigenbetrieblichen Interesses gleichzusetzen. Eine solche Deckungsgleichheit besteht nur bei Aufwendungen an Arbeitnehmer, die keine Gegenleistung für eine erbrachte oder zu erbringende Arbeitsleistung darstellen, wie z.B. bei Aufwendungen des Arbeitgebers zur Ausgestaltung des Arbeitsplatzes, zur Förderung des Betriebsklimas oder aus anderen, nicht die Entlohnung der Arbeitnehmer bezweckenden Gründen. Will die Klägerin als Arbeitgeberin aber mit Zuwendungen in Form der kostenlosen Teilnahme an Auslandsreisen bestimmte Arbeitnehmer besonders belohnen, so sind solche - aus unstreitig betrieblicher Veranlassung getätigten - Aufwendungen durch das individuelle Dienstverhältnis der betroffenen Arbeitnehmer veranlaßt und somit steuerpflichtiger Arbeitslohn.

Der Umstand, daß die von der Klägerin angestrebten Umsatzsteigerungen bei den Arbeitnehmern zur Erhöhung der leistungsabhängigen Provisionseinnahmen führten, kann ebenfalls nicht die Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn ausschließen. § 2 Abs. 2 Nr. 1 LStDV a.F. zählt zum steuerpflichtigen Arbeitslohn u.a. Provisionen sowie andere Bezüge und Vorteile aus dem Dienstverhältnis. Aus dieser Vorschrift sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, daß hiervon solche geldwerte Zuwendungen an Arbeitnehmer ausgenommen sind, die dazu dienen, die Umsätze der Klägerin und damit die umsatzabhängigen Provisionseinnahmen der Arbeitnehmer zu erhöhen.

c) Unbegründet ist auch der Einwand der Klägerin, es handele sich im Streitfall um eine sog. aufgedrängte Bereicherung.

Wie der Senat im Urteil in BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39 betont hat, spricht gegen die Annahme von steuerpflichtigem Arbeitslohn, wenn einem Arbeitnehmer ein Vorteil derart aufgedrängt wird, daß er sich dem nicht entziehen kann, wenn er keine Nachteile in Kauf nehmen will. Das FG hat in der Teilnahme an den Reisen des Leistungs-Clubs keinen aufgezwungenen Vorteil erblickt, weil die Club-Mitglieder in den Reisen eine herausgehobene berufliche Ehrung und einen hohen Erlebniswert gesehen haben und jedem Arbeitnehmer die Teilnahme an den Veranstaltungen des Clubs freigestellt war.

Auch diese Würdigung ist rechtlich möglich; der Senat ist an sie nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, weil die Klägerin in bezug hierauf keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht hat. Der Wertung des FG steht nicht entgegen, daß jeder Reiseteilnehmer seine Zeit nicht vollständig frei hat einteilen können und je nach Mentalität an Einzelteilen des Reiseprogramms Freude hatte oder nicht. Denn dies schließt nicht aus, daß jeder Reiseteilnehmer in der Reise insgesamt einen geldwerten Vorteil erblickt hat. Soweit die Klägerin vorbringt, eine Nichtteilnahme sei für eine Beförderung schädlich gewesen, weil der Arbeitnehmer insoweit seine "Vorbildfunktion" nicht für die Motivation der übrigen Kollegen zur Verfügung stelle, handelt es sich um spekulative Erwägungen, die das FG im Hinblick auf den hohen Erlebniswert der Reisen ohne Rechtsverstoß vernachlässigen konnte. Die Klägerin hat zudem auch keinen konkreten Fall einer dienstlichen Benachteiligung wegen Nichtteilnahme an einer Reise benannt.

d) Fehl geht auch der Hinweis der Klägerin, ein geldwerter Vorteil sei ihren Arbeitnehmern nicht zugeflossen, weil sie mit der Teilnahme an den Incentive-Reisen keinen geldwerten Vorteil erlangt hätten, der in ihre Verfügungsmacht übergegangen sei; denn sie hätten diesen Vorteil nicht auf Dritte übertragen können. Dem FG ist im Ergebnis darin zuzustimmen, daß es hierauf nicht ankommt.

Der BFH geht zwar in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß der Arbeitslohn in der Regel dann nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen ist, wenn er in den Herrschaftsbereich des Arbeitnehmers gelangt, dieser also über den Lohn wirtschaftlich verfügen kann (vgl. insbesondere BFH-Urteil vom 9. Mai 1984 VI R 63/80, BFHE 141, 50, BStBl II 1984, 560 und die dort erwähnten Entscheidungen sowie BFH-Urteil vom 16. November 1984 VI R 39/80, BFHE 142, 475, BStBl II 1985, 136). Nach dem Urteil des Senats vom 14. Mai 1982 VI R 124/77 (BFHE 135, 542, BStBl II 1982, 469, 472 linke Spalte oben) richtet es sich aber stets nach den Umständen des Einzelfalls, wie die wirtschaftliche Verfügungsmacht durch Zufluß übergegangen ist. Für Fälle, in denen ein Zufluß nicht in der Übertragung von Barmitteln entsteht, hat der BFH allgemeine Grundsätze entwickelt. Bei Sachbezügen, die die allgemeine Lebensführung des Arbeitnehmers betreffen, geht die Rechtsprechung davon aus, daß sie dem Arbeitnehmer in dem Augenblick zugeflossen sind, in dem er sie tatsächlich in Anspruch nimmt. Daran hält der Senat fest. Denn mit der Inanspruchnahme des geldwerten Vorteils hat der Arbeitnehmer seine wirtschaftliche Verfügungsmacht ausgeübt (vgl. auch hierzu die oben unter 1. genannten Entscheidungen betr. Freiflüge, Freifahrkarten usw.). Hiervon ist auch im Streitfall auszugehen.

Die Rechtsprechung entspricht der herrschenden Meinung in der Literatur. Hiernach hängt die Bereicherung eines Arbeitnehmers nicht davon ab, ob dieser über die Zuwendung weiterverfügen, den erlangten geldwerten Vorteil also in Geld umsetzen kann (vgl. Offerhaus, BB 1982, 1062; Stolterfoth, DStJG 5, 286; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 19 EStG Anm. 45; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 8. Aufl. 1989, § 19 Anm. 7 b Abs. 1; anderer Ansicht Wolff, Finanz-Rundschau - FR - 1981, 373; Albert/Heitmann, Der Betrieb - DB - 1985, 2524, 2525 unter 2.; FG Köln, Urteil vom 29. März 1983 IX 204/81 L, EFG 1983, 607, 608).

e) Das FG hat zu Recht auch den Einwand der Klägerin zurückgewiesen, bei den Incentive-Reisen müsse aus dem steuerpflichtigen Arbeitslohn ein sog. Luxuskostenanteil ausgeschieden werden (wie hier Hußmann, DB 1985, 1858; a.A. Polke, DB 1984, 1497, 1499). Das FG hat zu Recht auf das Urteil des Senats vom 7. Dezember 1984 VI R 164/79 (BFHE 142, 483, BStBl II 1985, 164, 167 rechte Spalte unter 1 d, gg) Bezug genommen, wo der Senat es abgelehnt hatte, den Charakter einer Zuwendung in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil zu zerlegen. Im übrigen kommt es gemäß den Entscheidungsgründen zu 1. nicht darauf an, inwieweit der Arbeitnehmer, würde er die Reise selbst finanzieren, Ausgaben für besonderen Luxus auf dieser Reise machen würde.

f) Das FG hat die Auslandsreisen ebenfalls zutreffend nicht als Betriebsveranstaltungen i.S. des § 35a LStDV a.F. gewertet.

Nach Abs. 1 Nr. 2 dieser Vorschrift wird die Lohnsteuer auf Antrag des Arbeitgebers nach einem festen Pauschsteuersatz von der Summe der Aufwendungen des Arbeitgebers erhoben, wenn er in einer größeren Anzahl von Fällen im Kalenderjahr steuerpflichtige Sachzuwendungen aus Anlaß von Betriebsveranstaltungen gewährt und sich verpflichtet, die Lohnsteuer zu übernehmen. Nach § 35a Abs. 3 LStDV a.F. beträgt der Steuersatz in diesen Fällen 20 v.H. der Aufwendungen.

Die Klägerin hatte nach dieser Vorschrift ihre Aufwendungen für die Incentive-Reisen einem zwanzigprozentigen Pauschalsteuersatz unterworfen. Dieser Handhabung ist das FA im angefochtenen Bescheid entgegengetreten mit der Begründung, daß diese Reisen nicht als Betriebsveranstaltungen i.S. des § 35a Abs. 1 Nr. 2 LStDV a.F. zu werten seien. Dieser Ansicht ist das FG ohne Rechtsverstoß beigetreten.

Der Senat hat bisher noch keine Entscheidung dazu getroffen, was unter dem Begriff der Betriebsveranstaltung i.S. des § 35a Abs. 1 Nr. 2 LStDV a.F. (bzw. ab 1. Januar 1975 unter dem Begriff der Betriebsveranstaltung i.S. des § 40 Abs. 2 Satz 1 EStG) zu verstehen ist. FA und FG gehen jedoch zutreffend davon aus, daß der Begriff einer Betriebsveranstaltung, die zu Arbeitslohn im Sinne dieser Vorschrift führt, nicht anders aufzufassen ist als der Begriff einer solchen Veranstaltung, in deren Rahmen Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Senats nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen sind, z.B. weil die Leistungen im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erbracht werden (vgl. z.B. Urteil des Senats in BFHE 146, 262, BStBl II 1986, 575 und BFH-Urteil vom 6. Februar 1987 VI R 24/84, BFHE 149, 172, BStBl II 1987, 355 und die dort jeweils erwähnte Rechtsprechung).

Eine Betriebsveranstaltung, die nicht zu steuerpflichtigen Zuwendungen führt, hat der Senat angenommen, wenn die Möglichkeit der Teilnahme an ihr allen Betriebsangehörigen offensteht und die Auswahl der Teilnehmer keine Privilegierung bestimmter Arbeitnehmergruppen darstellt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 146, 262, BStBl II 1986, 575). Wie der Senat insbesondere im Urteil vom 5. März 1976 VI R 76/73 (BFHE 118, 434, BStBl II 1976, 392, 393) hervorgehoben hat, muß eine Betriebsveranstaltung grundsätzlich allen Arbeitnehmern offenstehen.

Von dem gleichen Begriff der Betriebsveranstaltung ist auch bei Anwendung des § 35a Abs. 1 Nr. 2 LStDV a.F. (bzw. § 40 Abs. 2 Satz 1 EStG ab 1975) auszugehen. Durch diese Vorschriften sollen steuerpflichtige Sachzuwendungen aus Anlaß solcher Veranstaltungen durch Gewährung eines einheitlichen Pauschsteuersatzes von 20 v.H. begünstigt werden, da allen Teilnehmern grundsätzlich offenstehende Betriebsveranstaltungen den Zweck verfolgen, zwischenmenschliche Beziehungen innerhalb der Belegschaft zu ermöglichen und damit das Betriebsklima zu fördern. Aus derartigem Anlaß gewährte kostenlose Zuwendungen dienen diesem Zweck dadurch, daß sie einen Anreiz für eine möglichst vollständige Teilnahme der Belegschaft geben, was der Kontaktpflege der Teilnehmer untereinander und damit dem Gelingen der Veranstaltung im besonderen Maße nutzt (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 1985 VI R 82/83, BFHE 143, 550, BStBl II 1985, 532). Diesem Zweck würde es widersprechen, auch solche Betriebsveranstaltungen lohnsteuerlich zu begünstigen, an denen nur ein bestimmter privilegierter Kreis von Arbeitnehmern teilnimmt.

Dieser Auslegung des § 35a LStDV a.F. (§ 40 Abs. 2 Satz 1 EStG ab 1975) entspricht auch die der Finanzverwaltung (vgl. Verfügung der Oberfinanzdirektion - OFD - Hannover vom 16. Dezember 1985, Deutsche Steuer-Zeitung/Eildienst - DStZ/E - 1986, 171; Abschn. 6 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 9. September 1986 VI B 6 - S 2342 - 54/86, DStZ/E 1986, 285 und Abschn. 72 der Lohnsteuer-Richtlinien - LStR - 1990).

Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das FG ohne Rechtsverstoß eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 35a Abs. 1 Nr. 2 LStDV a.F. mangels Vorliegens einer Betriebsveranstaltung abgelehnt, weil die Incentive-Reisen nach den von ihm getroffenen Feststellungen nicht sämtlichen Betriebsangehörigen, sondern nur Mitgliedern des Clubs angeboten wurden, was eine Privilegierung dieser Arbeitnehmer darstellte.

Soweit die Klägerin im Revisionsverfahren vorträgt, das FG habe zumindest bei einem Reisetermin die Annahme von Betriebsveranstaltungen zu Unrecht abgelehnt, weil in diesem Fall grundsätzlich alle Mitarbeiter an einer Auswahl hätten teilnehmen können, handelt es sich ebenfalls um neues tatsächliches Vorbringen, das der Senat als Revisionsinstanz nicht berücksichtigen kann.