| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

 

BVerwG-Urteil vom 13.2.1987 (8 C 25.85) BStBl. 1987 II S. 475

Die Einlegung der Revision durch Telebrief der Deutschen Bundespost genügt dem Erfordernis der Schriftform.

Die Geltendmachung der dinglichen Haftung durch Erlaß eines Duldungsbescheids setzt voraus, daß der zugrunde liegende Steueranspruch festgesetzt, fällig und vollstreckbar ist.

Der Steuergläubiger ist nicht verpflichtet, den Erwerber eines Grundstücks von Amts wegen über Grundsteuerrückstände des Voreigentümers oder über vergebliche Beitreibungsversuche gegen den Voreigentümer zu unterrichten.

Duldungsansprüche unterliegen nicht der Festsetzungsverjährung.

AO §§ 77 Abs. 2, 191 Abs. 1, 219 Satz 1; GrStG § 12; BGB § 242; VwGO § 139 Abs. 1 Satz 1.

Vorinstanzen: VG Neustadt a.d. Weinstraße vom 21.9.1983 - 1 K 89/83 - OVG Koblenz vom 24.9.1984 - 7 A 86/84 -

Sachverhalt

I.

Der Kläger wendet sich gegen seine Inanspruchnahme als dinglich Haftender für rückständige Grundsteuer des Voreigentümers seines Grundstücks.

Die Beklagte setzte durch Bescheide vom 7. Februar 1975, 20. September 1976 und 26. November 1976 gegen den Voreigentümer Grundsteuer für die Jahre 1975 und 1976 fest, von der dieser 1.253, 10 DM nicht entrichtete. Im Dezember 1976 kaufte der Kläger das Grundstück; er wurde im August 1977 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Nachdem mehrere Vollstreckungsversuche der Beklagten gegen den Voreigentümer ohne Erfolg geblieben waren - der letzte Versuch datiert vom 20. Januar 1982 -, forderte die Beklagte unter dem 25. März 1982 den Kläger zur Zahlung auf. Mit Duldungsbescheid vom 12. Oktober 1982 verpflichtete sie den Kläger, wegen rückständiger Grundsteuer des Voreigentümers von 1.253,10 DM die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu dulden.

Zur Begründung seiner nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Anfechtungsklage hat der Kläger geltend gemacht: Die Steuerforderung sei verjährt. Der Duldungsanspruch sei verwirkt.

Der Voreigentümer habe im notariellen Kaufvertrag zugesichert, daß Steuerrückstände, für die das Grundstück hafte, nicht bestünden. Er habe deshalb mit einer Inanspruchnahme nicht zu rechnen brauchen. Dies gelte um so mehr, als die Beklagte, der der Kaufvertrag zur Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz vorgelegen habe, pflichtwidrig unterlassen habe, den Vertrag zu prüfen und ihn auf die falsche Zusicherung hinzuweisen. Im Fall eines solchen Hinweises habe er einen entsprechenden Teil des Kaufpreises zurückhalten können. Unter diesen Umständen sei es der Beklagten verwehrt, ihn so lange Zeit nach dem Eigentumserwerb in Anspruch zu nehmen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 21. September 1983 abgewiesen.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers durch Beschluß vom 24. September 1984 zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger habe als Eigentümer des Grundstücks wegen der rückständigen Grundsteuer des Voreigentümers die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu dulden. Das Grundstück hafte für die Grundsteuer, weil diese als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhe. Die dingliche Haftung wegen der gegen den Voreigentümer festgesetzten und von diesem in Höhe von 1.253,10 DM nicht entrichteten Grundsteuer sei nicht erloschen. Die Forderung sei nicht zahlungsverjährt. Der Lauf der Verjährung sei durch die bis in das Jahr 1982 vorgenommenen Vollstreckungsmaßnahmen unterbrochen worden. Diese Unterbrechung wirke wegen der Akzessorietät der dinglichen Haftung auch gegenüber dem Kläger.

Die Beklagte habe deshalb den Kläger durch Duldungsbescheid in Anspruch nehmen dürfen. Dieses Recht der Beklagten sei nicht verwirkt.

Bei dem in das Ermessen des Steuergläubigers gestellten Erlaß eines Duldungsbescheids habe dieser dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Inanspruchnahme des dinglich Haftenden grundsätzlich nur eine subsidiäre Maßnahme sei. Seine Inanspruchnahme komme deshalb regelmäßig erst in Betracht, wenn erkennbar werde, daß der Steuerschuldner zur Erfüllung der Schuld nicht willens oder nicht in der Lage sei. Demgemäß beginne der im Rahmen der Verwirkung zu beachtende Zeitablauf erst mit diesem Zeitpunkt und nicht bereits mit dem Grunderwerb. Da die Beklagte noch am 20. Januar 1982 einen letzten Pfändungsversuch bei dem Voreigentümer unternommen habe, fehle für eine Erwartung des Klägers, als dinglich Haftender nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, die rechtfertigende Grundlage.

Einen Anlaß für eine solche Erwartung habe die Beklagte auch im übrigen nicht gegeben. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger von den Grundsteuerrückständen des Voreigentümers und den Beitreibungsversuchen zu unterrichten. Ebensowenig könne sich der Kläger mit Erfolg darauf berufen, daß die Beklagte ein Zeugnis über die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigungsfreiheit des Kaufvertrags erteilt habe. Denn die insoweit vorzunehmende Prüfung der Beklagten beschränke sich auf Fragen des land- und forstwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs und erstrecke sich daher nicht auf Vereinbarungen der Vertragsparteien zur Freiheit des Grundstücks von dinglicher Haftung.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision des Klägers, mit der dieser die Verletzung materiellen Bundesrechts rügt und die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen sowie des Duldungsbescheids vom 12. Oktober 1982 und des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 1983 begehrt.

Die Beklagte tritt der Revision entgegen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Die Würdigung des Berufungsgerichts entspricht der Rechtslage.

Die Revision ist zulässig. Die durch Telebrief der Deutschen Bundespost erfolgte Einlegung der Revision genügt der durch § 139 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgeschriebenen Schriftform.

Das Erfordernis der Schriftlichkeit bei den bestimmenden Schriftsätzen schließt grundsätzlich das Erfordernis eigenhändiger Unterschrift ein. Denn in der Regel stellt allein die eigenhändige Unterschrift die verläßliche Zurechenbarkeit der Eingabe sicher. Erst die eigenhändige Unterschrift gewährleistet, daß nicht nur ein Entwurf, sondern eine gewollte Prozeßerklärung vorliegt, daß die Erklärung von einer bestimmten Person herrührt und daß diese für den Inhalt die Verantwortung übernimmt (vgl. Urteile vom 25. November 1970 BVerwG IV C 119.68, BVerwGE 36, 296 <298>, und vom 26. August 1983 BVerwG 8 C 28.83, Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 9 S. 1). Der hier zu beurteilende Telebrief enthält keine eigenhändige Unterschrift, sondern nur deren Kopie. Bei dem Verfahren der Telekopie der Deutschen Bundespost wird das Schriftstück vom Postamt des Absenders durch Fernkopierer aufgenommen. Die Telekopie wird dem Postamt des Bestimmungsortes fernmeldetechnisch übermittelt. Das Postamt des Bestimmungsortes stellt die Telekopie dem Empfänger auf postalischem Weg als Telebrief zu. Diese Handhabung rechtfertigt es, auf das Erfordernis der Eigenhändigkeit der Unterschrift zu verzichten. Dem Bedürfnis der Rechtssicherheit wird nämlich auf andere Weise genügt. Das Verfahren der Telekopie der Deutschen Bundespost gibt den Inhalt des kopierten Schriftstücks zuverlässig wieder. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seinem Urteil vom 25. November 1970 (a. a. O. S. 299) darauf hingewiesen, daß sich eine mechanische Vervielfältigung (wie etwa eine Fotokopie) zwar manipulieren lasse, die Gefahr von Manipulationen indessen nicht so groß sei und nicht so im Wesen der Dinge liege, daß sie eine vervielfältigte Unterschrift im Vergleich zur eigenhändigen Unterschrift grundsätzlich fragwürdig mache. Es hat deshalb entschieden, daß ein bestimmender Schriftsatz, der mit einer fotokopierten (ursprünglich eigenhändigen) Unterschrift versehen ist, dem Erfordernis der Schriftform genügt, solange die Umstände des Einzelfalls keinerlei Anlaß geben, an ihrer Verläßlichkeit zu zweifeln. Diese Erwägungen greifen erst recht Platz, wenn die Kopie, wie es bei der Telekopie zutrifft, von einer Behörde erstellt worden ist. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß die Deutsche Bundespost bei der Übermittlung durch Fernkopierer nicht prüft, ob das vom Einlieferer dem Postamt zur Erstellung der Telekopie vorgelegte Schriftstück eine eigenhändige Unterschrift oder etwa nur eine fotokopierte Unterschrift enthält. Auch in letzterem Fall ist hinreichend gewährleistet, daß die Prozeßerklärung von dem Unterzeichnenden herrührt und daß es sich um eine gewollte Prozeßerklärung und nicht etwa nur um einen Entwurf handelt. Eine Revision ist deshalb formgerecht eingelegt, wenn ein Postamt der Deutschen Bundespost die unterzeichnete Revisionsschrift im Verfahren der Telekopie aufnimmt und die Telekopie als Telebrief dem Berufungsgericht auf postalischem Weg zustellt (vgl. auch BFH, Urteil vom 10. März 1982 I R 91/81, BFHE 136, 38 <41>, und BAG, Urteil vom 24. September 1986 7 AZR 669/84, NJW 1987, 341, m. w. N.).

Die demnach zulässige Revision ist nicht begründet.

1. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Duldungsbescheids hängt zunächst davon ab, daß zu Lasten des Klägers eine materielle Duldungspflicht besteht, d. h. der Kläger als Eigentümer des Grundstücks mit diesem Grundstück für die rückständige Grundsteuer des Voreigentümers dinglich haftet. Das Berufungsgericht hat dies bejaht. Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Grundlagen für die materielle Duldungspflicht ergeben sich aus dem gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 AO entsprechend anwendbaren § 77 Abs. 2 Satz 1 AO i. V. m. § 12 GrStG. Nach § 77 Abs. 2 Satz 1 AO hat der Eigentümer wegen einer Steuer, die als öffentliche Last auf Grundbesitz ruht, die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz zu dulden. Gemäß § 12 GrStG ruht die Grundsteuer auf dem Steuergegenstand als öffentliche Last. Steuergegenstand sind u. a. die Grundstücke (§ 2 Nr. 2 GrStG). Da die Duldungspflicht akzessorisch ist, setzt sie das Bestehen einer Steuerschuld voraus; die Steuerschuld muß entstanden und darf nicht wieder untergegangen sein (vgl. dazu Urteil vom 31. Januar 1975 BVerwG IV C 46.72, Buchholz 406.11 § 134 BBauG Nr. 2 S. 1 <5>; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 191 AO Tz. 3; Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 191 AO Anm. 16, 134). Das Berufungsgericht hat angenommen, daß dies zutrifft. Dem ist beizupflichten.

Der gegen den Voreigentümer gerichtete Steueranspruch ist zu Beginn der Kalenderjahre 1975 und 1976 entstanden (§ 9 Abs. 2 GrStG). Der Kläger hat folglich im Jahr 1977 ein mit einer entsprechenden öffentlichen Last belastetes Grundstück erworben. Daran konnten abweichende Vereinbarungen zwischen dem Voreigentümer und dem Kläger nichts ändern. Deshalb ist ohne Belang, ob der Voreigentümer dem Kläger im notariellen Kaufvertrag zugesichert hat, daß Steuerrückstände, für die das Grundstück haftet, nicht bestünden.

Der Steueranspruch ist in Höhe von 1.253,10 DM auch nicht erloschen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Voreigentümer insoweit weder gezahlt, noch hatten diesbezügliche Vollstreckungsversuche der Beklagten Erfolg. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, daß der durch die Bescheide vom 7. Februar 1975, 20. September 1976 und 26. November 1976 festgesetzte Steueranspruch nicht (zahlungs-)verjährt ist (§ 232 AO). Die Frist für die Zahlungsverjährung beträgt fünf Jahre (§ 228 AO). Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist (§ 229 Abs. 1 Satz 1 AO). Fällig wurde die Grundsteuer - unabhängig von ihrer Festsetzung durch Bescheid (vgl. Troll, Grundsteuergesetz, 3. Aufl., § 28 GrStG Rdn. 2) - zu je einem Viertel ihres Jahresbetrages am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November 1975 bzw. 1976 (§ 28 Abs. 1 GrStG). Die Frist für die Zahlungsverjährung lief mithin mit dem Jahr 1980 bzw. mit dem Jahr 1981 ab. Wie den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu entnehmen ist, hat die Beklagte vor dem Ablauf des Jahres 1980 Vollstreckungsmaßnahmen vorgenommen, dadurch die Verjährung unterbrochen (§ 231 Abs. 1 AO) und eine neue Verjährungsfrist in Lauf gesetzt (§ 231 Abs. 3 AO), die bei Erlaß des angefochtenen Duldungsbescheids noch nicht abgelaufen war.

2. Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO darf der (materiell) Duldungspflichtige durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Das Berufungsgericht meint, daß dies im vorliegenden Fall ohne Rechtsfehler geschehen sei. Auch das entspricht der Rechtslage.

Der (materielle) Duldungsanspruch darf durch Duldungsbescheid erst geltend gemacht werden, wenn der zugrundeliegende Steueranspruch festgesetzt ist. Das folgt aus § 218 Abs. 1 AO, nach dem nur Steuerbescheide und Haftungsbescheide, nicht aber auch Duldungsbescheide Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerverhältnis sein können. Während ein Haftungsbescheid ergehen kann, ohne daß zuvor ein Steuerbescheid gegenüber dem persönlichen Schuldner erlassen worden ist (vgl. auch § 191 Abs. 3 Satz 4 AO; BFH, Urteil vom 28. Februar 1973 II R 57/71, BFHE 109, 164 <165>), bedarf es zur Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheides mithin der vorherigen Festsetzung des Steueranspruchs. Die Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheides als Maßnahme der Verwirklichung eines Anspruchs aus dem Steuerverhältnis setzt ferner voraus, daß der Steueranspruch fällig und daß er vollstreckbar ist (vgl. Tipke/Kruse a. a. O. § 77 AO Tz. 1; Hübschmann/Hepp/Spitaler a. a. O. § 191 AO Anm. 134). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die rückständige Grundsteuer des Voreigentümers des Grundstücks ist, wie bereits dargelegt, festgesetzt worden und war fällig. Der Anspruch war auch vollstreckbar. Die Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach irrevisiblem Landesrecht. Da das Berufungsgericht den Duldungsbescheid als rechtmäßig erkannt hat, muß es diese Voraussetzung, insbesondere also das Vorliegen von Leistungsgeboten und das Fehlen von Vollstreckungshindernissen, als gegeben angesehen haben. Anhaltspunkte, die auf das Gegenteil hindeuten könnten, sind nicht ersichtlich.

Ebenso fehlt es an Anhaltspunkten, die die Annahme begründen könnten, die Beklagte habe bei dem Erlaß des Duldungsbescheids das ihr durch § 191 Abs. 1 Satz 1 AO eingeräumte (Inanspruchnahme-)Ermessen fehlerhaft ausgeübt.

Das Berufungsgericht hat angenommen, die Inanspruchnahme des Duldungspflichtigen sei nur eine subsidiäre Maßnahme; sie komme regelmäßig ermessensfehlerfrei erst in Betracht, wenn erkennbar werde, daß der Steuerschuldner zur Erfüllung seiner Schuld nicht willens oder nicht in der Lage sei. Dem braucht hier nicht weiter nachgegangen zu werden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte den angefochtenen Duldungsbescheid erst erlassen, nachdem sie fortlaufend erfolglos versucht hatte, die rückständige Grundsteuer von dem Rechtsvorgänger des Klägers beizutreiben. Angesichts dessen kommt es im vorliegenden Fall auch nicht auf die Frage an, ob eine säumige Inanspruchnahme des Steuerschuldners im Verhältnis zwischen dem Steuergläubiger und einem Duldungspflichtigen den Vorwurf treuwidrigen Verhaltens zu begründen vermag (vgl. dazu BFH, Urteil vom 4. Juli 1979 II R 74/77, BStBl II 1980 S. 126 <127>).

Der Kläger wendet sich gegen die Inanspruchnahme aus der Duldungspflicht in erster Linie mit Einwänden, die daran anknüpfen, daß die Beklagte ihn von der Möglichkeit dieser Inanspruchnahme nicht "rechtzeitig" unterrichtet habe. Diesem Vorbringen ist zuzugeben, daß die Ermessensausübung nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO deshalb fehlerhaft sein kann, weil sich die Inanspruchnahme des Duldungspflichtigen mit Rücksicht auf das vorausgegangene Verhalten des Steuergläubigers als treuwidrig darstellt, sei es, daß der Steuergläubiger den Sachverhalt, auf den er die Inanspruchnahme stützt, treuwidrig herbeigeführt hat (Rechtsgedanke des § 162 Abs. 2 BGB), oder sei es, daß sein vorangegangenes Verhalten die Annahme der Verwirkung des Duldungsanspruchs rechtfertigt. Das alles führt jedoch im vorliegenden Fall nicht weiter. Die Beklagte hat sich nicht treuwidrig verhalten.

Das Unterbleiben einer ("rechtzeitigen") Unterrichtung über die Möglichkeit der Inanspruchnahme ließe sich der Beklagten nur dann vorhalten, wenn der Kläger - für die Beklagte erkennbar - eine solche Unterrichtung erwarten durfte. Daran fehlt es.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger auf die Grundsteuerrückstände des Voreigentümers oder auf ihre Beitreibungsversuche gegen den Voreigentümer von Amts wegen aufmerksam zu machen, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Es gibt keine Vorschrift des Bundesrechts, die den Steuergläubiger verpflichtete, den dinglich Haftenden ohne dessen Ersuchen über die Sachlage zu unterrichten. Die Vorschriften der Abgabenordnung über die materielle Duldungspflicht (§ 77 Abs. 2 Satz 1 AO) oder über die Geltendmachung der dinglichen Haftung (§ 191 Abs. 1 Satz 1 AO) geben für die Annahme einer solchen Pflicht nichts her. § 89 Satz 2 AO, der die Finanzbehörde zur Auskunft über die den jeweils Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten verpflichtet, bezieht sich allein auf Rechte und Pflichten, die das Betreiben eines konkreten Verwaltungsverfahrens betreffen, was hier nicht in Rede steht. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, daß auch das Landesrecht eine entsprechende Unterrichtungspflicht des Steuergläubigers nicht begründe, ist für das Revisionsgericht bindend (§§ 137 Abs. 1, 173 VwGO, 562 ZPO).

Ebenfalls zutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichts, daß die Beklagte den Duldungsanspruch nicht verwirkt habe. Die Beklagte hat sich nicht in einer Weise verhalten, die den Kläger schutzwürdig annehmen lassen durfte, sie werde den Duldungsanspruch nicht mehr geltend machen: Die Beklagte ist im Hinblick auf die rückständige Grundsteuer des Voreigentümers mit dem Kläger vor der Zahlungsaufforderung vom 25. März 1982, die dem angefochtenen Duldungsbescheid voranging, nicht in Verbindung getreten. Das von der Beklagten erteilte Zeugnis über die Genehmigungsfreiheit des Kaufvertrags nach dem Grundstücksverkehrsgesetz vermochte einen Vertrauenstatbestand zugunsten des Klägers nicht auszulösen, weil die Beklagte in diesem Zusammenhang, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, lediglich Fragen des land- und forstwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs zu prüfen hatte.

Schließlich ist der angefochtene Duldungsbescheid auch nicht deshalb fehlerhaft, weil der mit der Grundsteuerschuld zu Beginn der Jahre 1975 bzw. 1976 entstandene Duldungsanspruch festsetzungsverjährt wäre. Der die Festsetzungsverjährung regelnde § 169 AO ist nicht einschlägig, weil er ausschließlich für die Steuerfestsetzung gilt. Überdies unterliegt, wie sich aus § 191 Abs. 3 Satz 1 AO ergibt, nur eine aus Steuergesetzen folgende Haftungsschuld, nicht dagegen eine Duldungsschuld der Festsetzungsverjährung. Eine entsprechende Anwendung des § 191 Abs. 3 Satz 1 AO auf Duldungsbescheide kommt angesichts der gesetzlichen Ausgestaltung der öffentlichen Last als Grundpfandrecht nicht in Betracht. Daß ein Grundpfandrecht bei Fortbestehen des zugrundeliegenden schuldrechtlichen Anspruchs allein infolge Zeitablaufs erlischt oder seine Geltendmachung aus einem solchen Grund unzulässig werden kann, ist auch sonst nirgends vorgesehen.