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BFH-Beschluß vom 4.3.1987 (II R 47/86) BStBl. 1987 II S. 438

Zur Wahl der ehrenamtlichen Richter (1982) für das Finanzgericht Rheinland-Pfalz.

GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2; FGO §§ 22, 23, 24, 25, 26, 27, § 116 Abs. 1 Nr. 1, § 119 Nr. 1; BFH-EntlG Art. 1 Nr. 7.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

[Beschluß wurde ohne Sachverhalt veröffentlicht]

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht gemäß Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFH-EntlG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i. d. F. des Gesetzes vom 14. Dezember 1984 (BGBl I 1984, 1514, BStBl I 1985, 8). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind unterrichtet und gehört worden (Schreiben des Vorsitzenden des Senats vom 15. Januar 1987; Erklärung der Kläger und Revisionskläger - Kläger - vom 14. Februar 1987).

Die Besetzungsrügen sind teils unbegründet, teils unzulässig.

Das Finanzgericht (FG) war mit den beiden ehrenamtlichen Richtern Dr. A und B, die an dem angefochtenen Urteil mitgewirkt haben, vorschriftsmäßig besetzt. Diese ehrenamtlichen Richter haben ihr Amt durch gültige Wahl erlangt; ihre Teilnahme an der Sitzung, in der die Sache der Kläger verhandelt und entschieden wurde, fand ihre Grundlage in einer Liste, die das Präsidium des FG vor Beginn des Geschäftsjahres aufgestellt und in der es die Reihenfolge bestimmt hatte, in der die ehrenamtlichen Richter heranzuziehen sind (§ 27 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

a) Die Kläger meinen, der beim FG Rheinland-Pfalz bestellte Ausschuß zur Wahl der ehrenamtlichen Richter (§ 23 Abs. 1 FGO) sei bei seiner Sitzung am 12. Januar 1982 nicht beschlußfähig gewesen, weil der als Vertreter der Finanzverwaltung zunächst bestimmte Oberregierungsrat C von der Oberfinanzdirektion (OFD) Koblenz nicht zu der Sitzung erschienen und daraufhin "ad hoc" der Leitende Regierungsdirektor D als Vertreter der Finanzverwaltung benannt worden sei. Dieser aber sei "ständiger Vertreter der Finanzämter der OFD Koblenz beim Finanzgericht" gewesen und habe "somit die Funktion eines Parteivertreters des beklagten Finanzamtes" ausgeübt. Diese Funktion sei mit den Aufgaben eines Mitglieds des Ausschusses zur Wahl von ehrenamtlichen Richtern nicht vereinbar gewesen. Denn als Mitglied des Wahlausschusses habe er die Möglichkeit gehabt, auf die Auswahl der ehrenamtlichen Richter aus den Vorschlagslisten der Berufsvertretungen Einfluß zu nehmen.

Diese Ansicht ist unzutreffend.

Selbst wenn es zuträfe, daß D ständig die Finanzämter des Bezirks der OFD Koblenz in Rechtsstreitigkeiten vor dem FG zu vertreten hatte, rechtfertigte dieser Umstand allein nicht die Befürchtung, er werde im Wahlausschuß einen sachfremden Einfluß auf die Wahl der ehrenamtlichen Richter ausüben, zumal D keinen Einfluß darauf hatte, welcher ehrenamtliche Richter mit welcher Streitsache befaßt werden würde.

b) Die Kläger sind der Ansicht, die Vorschlagsliste der ehrenamtlichen Richter (§ 25 FGO) sei nicht ordnungsgemäß aufgestellt worden, weil in ihr "die Vertreter der Gewerkschaften überdurchschnittlich gegenüber anderen Bevölkerungskreisen enthalten" seien.

Dieser Ansicht ist nicht zuzustimmen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Vorschrift des § 36 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG), wonach die Vorschlagsliste für Schöffen, die bei der Verhandlung und Entscheidung in Strafsachen mitwirken, "alle Gruppen der Bevölkerung nach Geschlecht, Alter, Beruf und sozialer Stellung angemessen berücksichtigen" soll, sinngemäß anzuwenden ist auf die Vorschlagsliste für ehrenamtliche Richter, die bei der Urteilsfindung in finanzgerichtlichen Sachen mitwirken (§ 155 FGO). Denn selbst wenn man das bejahte, würde ein Verstoß gegen diese bloße Sollvorschrift keinen Einfluß haben auf die Ordnungsgemäßheit der Wahl.

c) Die Kläger rügen, die ehrenamtlichen Richter seien nicht unmittelbar, geheim und mit Stimmzetteln gewählt worden. Zwar schreibe § 26 FGO kein bestimmtes Wahlverfahren vor, aber aus § 4 FGO i. V. m. der Vorschrift des § 21 b Abs. 3 GVG über die Wahl von Richtern zum Präsidium folge, daß eine Wahl unmittelbar, geheim und mit Stimmzetteln vorgenommen werden müsse und daß derjenige gewählt sei, der die meisten Stimmen auf sich vereinige.

Diese Rüge greift nicht durch.

Das Gesetz (§ 26 FGO) schreibt nicht vor, daß die Wahl der ehrenamtlichen Richter in der gleichen Weise vorzunehmen sei wie die der Richter zum Präsidium nach § 4 FGO i. V. m. § 21 b Abs. 3 GVG und der Wahlordnung für die Präsidien der Gerichte vom 19. September 1972 (BGBl I, 1821). Dem in § 26 Abs. 1 FGO enthaltenen Wort "wählt" ist zu entnehmen, daß das Gesetz lediglich ein nicht vom Zufall abhängiges Ergebnis will (z. B. nicht ein Auslosen), sondern eine Wahl als bewußte individuelle und konkret-personenbezogene Entscheidung der Mitglieder des Wahlausschusses (Kissel, Neue Zeitschrift für Strafrecht - NStZ - 1985, 490). Diesem Erfordernis war dadurch genügt, daß der Wahlausschuß seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, aus der vom Präsidenten des FG aufgestellten Vorschlagsliste mit 271 Namen einstimmig 102 bestimmte Personen, darunter den Allgemeinarzt Dr. A und den Kaufmann B, in das Amt eines ehrenamtlichen Richters zu berufen (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 19. Juni 1985 2 StR 197/85, 2 StR 98/85, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1985, 2341, betreffend eine Schöffenwahl; zustimmend Kissel, NStZ 1985, 491).

d) Die "Niederschrift über die Wahl der ehrenamtlichen Richter des Finanzgerichts" brauchte - entgegen der Ansicht der Kläger - nicht von allen Mitgliedern des Wahlausschusses unterschrieben zu werden; es genügte - mangels einer entgegenstehenden Vorschrift -, daß der Präsident des FG als Vorsitzender des Wahlausschusses (§ 23 Abs. 2 Satz 1 FGO) sie unterschrieb.

e) Zu Unrecht beanstanden die Kläger, "daß auf der Wahlliste unter dem Abschnitt 'Bemerkungen' die Namen der vorgeschlagenen Personen handschriftlich mit einem Vermerk versehen sind, welchem Senat sie zugeteilt werden sollten". Das sei nicht Aufgabe des Wahlausschusses, sondern des Präsidiums, das den Geschäftsverteilungsplan aufstellt. Dabei übersehen die Kläger, daß die erwähnten Vermerke unverbindliche Vorüberlegungen zur Eignung waren und als solche nicht die Zuständigkeit des Präsidiums beeinträchtigen konnten, vor Beginn des Geschäftsjahres für jeden Senat eine Liste mit mindestens zwölf Namen aufzustellen und die Reihenfolge zu bestimmen, in der die ehrenamtlichen Richter heranzuziehen sind (§ 27 FGO).

f) Die Kläger behaupten, es seien zunächst die Personen ausgesucht worden, die bereits in der abgelaufenen Wahlperiode ehrenamtliche Richter gewesen seien; die Reihenfolge ergebe sich aus den Geschäftsverteilungsplänen 1976 und 1982, die sie beizuziehen beantragen. Auf diese Rüge kann der erkennende Senat nicht eingehen, weil sie unzulässig ist: Die Kläger haben nicht genügend Einzeltatsachen angegeben, z. B. die betroffenen ehrenamtlichen Richter nicht namentlich bezeichnet, auch nicht die von ihnen erwähnten Geschäftsverteilungspläne vorgelegt oder zumindest dargelegt, daß sie sich um sie vergeblich bemüht haben (vgl. BGH-Beschluß vom 26. März 1986 III ZR 114/85, NJW 1986, 2115). Im übrigen ist nicht erkennbar, inwiefern die behauptete Tatsache die Ordnungsmäßigkeit der Wahl beeinträchtigen könnte.