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BFH-Urteil vom 30.1.1986 (IV R 270/84) BStBl. 1986 II S. 516

Bisher zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörende Grundstücke eines landwirtschaftlichen Betriebs wurden vor dem Stichtag des 1. Juli 1970 auch nicht dadurch notwendiges Privatvermögen mit der Folge der Entnahme, daß sie nur noch als Futtergrundlage für einige aus Passion gehaltene Pferde genutzt wurden (Anschluß an BFH-Urteil vom 4. November 1982 IV R 159/79, BFHE 137, 294, BStBl II 1983, 448).

EStG § 4 Abs. 1 a.F. und n.F. und § 13.

Vorinstanz: Hessisches FG

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), Alleinerbin ihres am 6. Mai 1981 verstorbenen Ehemannes, war mit diesem Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, den sie aus Alters- und Gesundheitsgründen zum 1. Januar 1972 an den Sohn verpachtet und am 9. Oktober 1973 endgültig aufgegeben haben.

Am 1. Juli 1970 gehörten der Klägerin - teils zusammen mit ihrem Ehemann, teils allein - auch folgende Parzellen in der Gemarkung A, Flur 5 (katastermäßige Bezeichnung des Altbestands vor Baulandumlegung):

Flurstück 28

 

4.278 qm

Flurstück 29

 

398 qm

Flurstück 35

 

8.721 qm

Flurstück 104

Ackerland 7.782 qm

 
 

Grünland 4.470 qm

12.252 qm

 

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Für das Flurstück 28 nahm der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) eine (positive) Teilwertfeststellung i. S. des § 55 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vor. Für die anderen Flurstücke lehnte er diese mangels rechtzeitigen Eingangs eines Antrags ab. Beide Verwaltungsentscheidungen sind bestandskräftig.

Die genannten Grundstücke wurden in den Jahren 1971 und 1972 zum größten Teil "als Bauland" veräußert.

Das FA ging in den durch die Einspruchsentscheidung bestätigten Einkommensteuerbescheiden für 1971 und 1972 davon aus, daß die veräußerten Flächen noch zum Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen Betriebs gehört haben und daher durch ihre Veräußerung steuerpflichtige Veräußerungsgewinne als laufende Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft angefallen sind. Für den Veranlagungszeitraum 1971 berechnete das FA Veräußerungsgewinne in Höhe von 260.628 DM und für 1972 Veräußerungsgewinne von 32.728 DM.

Die Klägerin hingegen ist der Meinung, die Grundstücke Flurstück 28 und Flurstück 104 seien im Zeitpunkt ihrer Veräußerung nicht mehr dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen zuzurechnen gewesen. Nach den vorgelegten Erklärungen mehrerer Landwirte seien die fraglichen Parzellen bereits Mitte 1970 nicht mehr landwirtschaftlich genutzt worden; sie hätten als Bauerwartungsland teilweise brachgelegen; teilweise seien sie durch Grünfutteranbau und Heuschnitt für die Hobbypferde der beiden Söhne verwendet worden. Die Klägerin folgert daraus, daß die Grundstücke zum 1. Juli 1970 nicht mehr wie eine Einlage i. S. des § 55 Abs. 7 EStG zu behandeln gewesen seien.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) führte u. a. aus, nach Maßgabe des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. November 1982 IV R 159/79 (BFHE 137, 294, BStBl II 1983, 448 ff.) seien die streitbefangenen Grundstücksflächen bis zu ihrer jeweiligen Veräußerung landwirtschaftliches Betriebsvermögen geblieben.

Mit der Revision macht die Klägerin geltend, der Streitfall sei mit dem Fall des Urteils in BFHE 137, 294, BStBl II 1983, 448 nicht vergleichbar. Es sei zwar richtig, daß zum 1. Juli 1970 ein Teil der Grundstücke brachgelegen habe in Erwartung der Veräußerungen. Das FG habe aber nicht gewürdigt, daß die Grundstücke schon Jahre zuvor nicht mehr der Landwirtschaft gedient hätten. Auf den Grundstücken seien lediglich Grünfutter und Hafer für zwei bis drei Pferde der Söhne angebaut worden. Daneben seien diese Grundstücke als Pferdekoppel benutzt worden. Die betreffenden Pferde hätten ausschließlich Hobbyzwecken gedient. Hinzu komme, daß bei einem nichtbuchführenden Landwirt die höchstrichterliche Rechtsprechung gewillkürtes Betriebsvermögen nicht zulasse. Sollte also eine Entnahme verneint werden, müßten die für Hobbyzwecke verwendeten Grundstücke als notwendiges Betriebsvermögen angesehen werden, wofür die Voraussetzungen fehlten. Ihre Söhne hätten die Pferdehaltung nachhaltig betrieben und auch an Reitturnieren teilgenommen. Es sei nicht zu bestreiten, daß diese Nutzung mit einer landwirtschaftlichen Nutzung verwandt sei. Dies könne aber nicht zur Folge haben, daß eine Entnahme verneint werde. Notwendiges Betriebsvermögen seien die Grundstücke auf keinen Fall mehr gewesen.

Außerdem hätte die Betriebszugehörigkeit von Grundstücken im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1970 entschieden werden müssen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 1971 und 1972 in der Weise zu ändern, daß die strittigen Gewinne aus den Grundstücksveräußerungen nicht angesetzt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die fraglichen Grundstücke vor ihrer Veräußerung in den Jahren 1971 und 1972 nicht aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen der Klägerin und ihres Ehemannes entnommen wurden.

Der Senat hat durch Urteil in BFHE 137, 294, BStBl II 1983, 448 über einen ähnlich gelagerten Fall entschieden. Verloren danach landwirtschaftlich genutzte Grundstücke durch eine Nutzungsänderung ihre Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen, ohne jedoch durch diese Nutzungsänderung notwendiges Privatvermögen zu werden, so blieben sie ohne ausdrückliche Entnahmehandlung (oder einen entsprechenden Rechtsvorgang) bei nichtbuchführenden Landwirten auch vor dem Inkrafttreten des § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG, der durch das Gesetz zur Neuregelung der Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft vom 25. Juni 1980 (BGBl I, 732, BStBl I 1980, 400) in § 4 Abs. 1 EStG eingefügt wurde, landwirtschaftliches Betriebsvermögen. Zur Begründung ist in der Entscheidung ausgeführt, in der bloßen Einstellung der landwirtschaftlichen Nutzung der Grundstücke ohne Aufnahme einer anderen Nutzung schon vor dem 1. Juli 1970 bis zu ihrer Veräußerung läge zwar eine Nutzungsänderung, doch handle es sich um keine Nutzungsänderung, die als schlüssiges Verhalten eine Entnahme der Grundstücke ohne ausdrückliche Entnahmehandlung (Entnahmeerklärung) hätte bewirken können. Denn durch sie sei die Verknüpfung der Grundstücke mit dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht endgültig gelöst worden. Durch die Einstellung der landwirtschaftlichen Nutzung seien die Grundstücke Brachland geworden, tatsächlich also nicht genutzt worden. Als Brachland sei ihr Zustand der Nutzung nach indifferent gewesen; sie hätten als solches eindeutig weder zur Landwirtschaft noch zum Privatvermögen gehört. Sie seien damit dem Bereich der Wirtschaftsgüter zuzuordnen gewesen, aus dem heraus buchführende Landwirte gewillkürtes Betriebsvermögen bilden könnten. Solange dieser indifferente Zustand bestehengeblieben sei und durch keine Handlung des Steuerpflichtigen oder einen Rechtsvorgang beendet worden sei, müßten daher die Grundstücke bei dem Vermögen verbleiben, zu dem sie vorher gehört hätten. Von der Nutzung her seien sie zwar kein notwendiges Betriebsvermögen mehr gewesen, sie seien aber ebensowenig notwendiges Privatvermögen geworden. Gehörten sie daher vorher als landwirtschaftliche Nutzflächen zum Betriebsvermögen, so seien sie es nach der Einstellung der landwirtschaftlichen Nutzung geblieben.

Zu einem anderen Ergebnis könnte man im Streitfall nur dann gelangen, wenn der Einwand der Klägerin zuträfe, die Grundstücke seien durch die behauptete Nutzungsänderung - anders als im obigen Urteilsfall - notwendiges Privatvermögen geworden. Denn nach der Rechtsprechung liegt in einer Nutzungsänderung, durch die ein bisheriges Betriebsgrundstück notwendiges Privatvermögen wird, ein schlüssiges Verhalten, das als Entnahmehandlung gilt. An einem solchen Entnahmevorgang fehlt es aber im Streitfall. Selbst wenn man - entgegen den teilweise anderslautenden Erklärungen der Klägerin - zu ihren Gunsten unterstellt, daß auf sämtlichen fraglichen Grundstücken - auch auf den Flächen, die 1970 nach der Erklärung der Klägerin und dritter Personen Brachland waren - schon Jahre vorher lediglich Grünfutter und Hafer für die zwei bis drei Pferde der Söhne angebaut und die Grundstücke daneben als Pferdekoppel genutzt worden seien, wurden sie dadurch nicht von selbst ohne ausdrückliche Erklärung ihrer Entnahme notwendiges Privatvermögen.

Eine Nutzung von Grundstücken, die zum Betriebsvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehören, als Futtergrundlage von zwei bis drei Pferden stellt im allgemeinen eine Nutzung im Rahmen der Landwirtschaft dar, ohne Rücksicht darauf, ob die Pferde planmäßig zur Erzielung von Einkünften eingesetzt oder mehr aus persönlichen Gründen gehalten werden. Entscheidend ist hier die Widmung der Grundstücke für von der Sache her landwirtschaftliche Zwecke, nämlich zur Erzeugung von Futter für Tiere.

Etwas anderes müßte zwar dann gelten, wenn in einer solchen Pferdehaltung ein vom übrigen Betrieb trennbarer, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teilbetrieb zu erblicken wäre, der ohne Gewinnabsicht unterhalten wird. Dabei würde es keine Rolle spielen, ob es sich um eigene Pferde des Betriebsinhabers oder um Pferde seiner Söhne handelte, die unentgeltlich im Betrieb untergestellt und verpflegt würden. Selbst wenn aber diese Pferdehaltung als von der übrigen Landwirtschaft trennbarer Teilbetrieb hinsichtlich Aufwand und Ertrag steuerlich den nicht steuerbaren Einkünften (Einkünfte aus Liebhaberei) zuzuordnen wäre, würde das nicht die Folgerung zulassen, daß die der Pferdehaltung dienenden Grundstücke, die bisher zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört haben, deshalb notwendiges Privatvermögen geworden sind, weil die Pferdehaltung steuerlich als Liebhaberei anzusehen ist. Nach dem Urteil vom 29. Oktober 1981 IV R 138/78 (BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381) ist in den Fällen, in denen ein einkommensteuerrechtlich relevanter Betrieb der Land- und Forstwirtschaft von einem bestimmten Zeitpunkt an der Liebhaberei zugeordnet wird, in einer solchen Änderung der steuerrechtlichen Beurteilung keine Betriebsaufgabe mit der Folge zu sehen, daß das Betriebsvermögen als unter Auflösung der stillen Reserven in das Privatvermögen überführt angesehen werden müßte. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Steuerpflichtige selbst die Betriebsaufgabe in einem solchen Fall erklärt. Zu demselben Ergebnis müßte man kommen, wenn einzelne Grundstücke trotz der von der Sache her weiteren landwirtschaftlichen Nutzung als Futtergrundlage einer Tierhaltung - also ohne eigentliche Umwidmung - steuerlich deshalb der Liebhaberei zugeordnet würden, weil die Tierhaltung mit den zugehörigen Grundstücken als verselbständigter Teilbetrieb mit Liebhabereicharakter aus dem übrigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ausgeklammert würde. Solche Grundstücke blieben - wie auch das übrige Betriebsvermögen des Liebhabereibetriebs - weiter land -und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen, bis sie veräußert oder durch ausdrückliche Erklärung entnommen würden.

Mangels tatsächlicher Feststellungen fehlen im Streitfall Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Teilbetriebs Pferdehaltung. Die Rüge der Klägerin, das FG sei auf diese Frage überhaupt nicht eingegangen, geht jedoch deshalb fehl, weil die Frage nach den obigen Ausführungen nicht entscheidungserheblich sein kann. Daß die Klägerin oder ihr Ehemann vor oder nach dem 1. Juli 1970 keine ausdrückliche Entnahme der Grundstücke erklärt haben, ist unstreitig.

Über die Frage der Zugehörigkeit der streitgegenständlichen Grundstücke zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen war auch nicht - wie die Klägerin meint - bei der Veranlagung 1970 abschließend zu entscheiden. Über die Frage der Zugehörigkeit von Grundstücken zum Anlagevermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in den Fällen, in denen die Grundstücke gemäß § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG in der bis einschließlich 1969 geltenden Fassung außer Ansatz geblieben sind, wird erstmals in dem Einkommensteuerbescheid entschieden, zu dessen relevanten Besteuerungsgrundlagen der Ansatz der betreffenden Grundstücksflächen gehört (vgl. BFH-Urteil vom 12. Juli 1979 IV R 55/74, BFHE 128, 527, BStBl II 1980, 5). Das ist regelmäßig das Jahr der Veräußerung oder der Entnahme der Grundstücke. Anders verhält es sich nur beim Feststellungsverfahren nach § 55 Abs. 5 EStG 1971, bei dem auch entschieden wird, ob es sich bei den betreffenden Grundstücksflächen um Betriebsvermögen eines bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebs handelt. Ein solches Feststellungsverfahren wurde aber nur für das Flurstück Nr. 28 durchgeführt.