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BFH-Urteil vom 4.3.1986 (VIII R 188/84) BStBl. 1986 II S. 373

1. Zuwendungen an politische Parteien sind im allgemeinen nicht als Betriebsausgaben abziehbar.

2. Eine verdeckte Zuwendung an eine politische Partei durch Erwerb eines Gutachtens setzt voraus, daß das Gutachten gänzlich unbrauchbar ist oder sein Wert weit unter dem Kaufpreis liegt und der Erwerber dies gewußt hat oder mit der Möglichkeit der Wertlosigkeit ernstlich gerechnet und gleichwohl dies in Kauf genommen hat.

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1

Vorinstanz: FG Hamburg

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform einer KG eine Spedition und Lagerei. Persönlich haftender Gesellschafter ist die L-GmbH. Kommanditisten sind L, C.L. und W.K. Die Klägerin unterhält im In- und Ausland Niederlassungen. Sie ist an in- und ausländischen Firmen beteiligt.

Im Streitjahr (1976) erwarb die Klägerin für 5.500 DM von der H-GmbH ein Gutachten mit dem Titel "Situation und Entwicklung der Norddeutschen Wirtschaftsregion in der Bundesrepublik Deutschland und der erweiterten Europäischen Gemeinschaft". Die H-GmbH ist ein von führenden Politikern einer im Deutschen Bundestag vertretenen Partei gegründetes und geführtes Unternehmen. Bei dem Erwerb des Gutachtens trat für die H-GmbH Herr Z auf. Die Klägerin behandelte die Aufwendungen für das Gutachten als Betriebsausgaben. Nach einer 1980 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, daß es sich bei den Kosten für das Gutachten um steuerlich nicht abzugsfähige Aufwendungen der privaten Lebensführung handele.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1984, 18 veröffentlicht worden ist, hat ausgeführt, nach seiner Überzeugung seien die Aufwendungen für das Gutachten ausschließlich privat veranlaßt gewesen.

Die Klägerin rügt mit der vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Zur Begründung wird vorgetragen:

Formelles Recht sei verletzt, weil das FG einen Beweisantrag (Vernehmung des Z als Zeugen) übergangen, den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und bei der Feststellung des Sachverhalts gegen den Inhalt der Akten verstoßen habe.

Materielles Recht sei verletzt, weil das FG § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht richtig angewendet habe. Das FG habe darauf abgestellt, ob der Aufwand für das Gutachten betrieblich notwendig und zweckmäßig und ob das Gutachten sein Geld wert gewesen sei. Auf diese Kriterien komme es bei dem für den Betriebsausgabenbegriff maßgebenden Merkmal der betrieblichen Veranlassung nicht an. Die betriebliche Veranlassung erfordere lediglich einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Aufwand und dem Betrieb.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung der Klage stattzugeben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Der Senat hat am 30. April 1985 beschlossen, den Bundesminister der Finanzen (BMF) zum Beitritt aufzufordern (§ 122 Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Mit Schreiben vom 14. August 1985 hat der BMF mitgeteilt, daß er von einem Beitritt absehe.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Das FG ist unter Verletzung des Verfahrensrechts und des sachlichen Rechts zu dem Ergebnis gelangt, die Aufwendungen der Klägerin für das Gutachten seien mittelbare Zuwendungen an eine politische Partei und daher keine Betriebsausgaben.

I. Verletzung des Verfahrensrechts

Das FG hat von Amts wegen den Sachverhalt zu erforschen (§ 76 FGO); sein Urteil hat sich auf Tatsachen und Beweisergebnisse zu stützen. Diese Grundsätze hat das FG verletzt. Sein Urteil beruht zum Teil auf Annahmen, die nicht durch hinreichende tatsächliche Feststellungen gedeckt sind. Der Inhalt des Gutachtens, das die Klägerin erworben hat, und die Erklärungen des Gesellschafters und Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem FG lassen eine betriebliche Veranlassung des Erwerbs des Gutachtens als möglich erscheinen. Wenn das FG gleichwohl die betriebliche Veranlassung verneint hat, so hätte dies nur nach weiterer Erforschung des Sachverhalts geschehen dürfen, vor allem nach Vernehmung des Z als Zeugen, die sowohl das FA (Schriftsatz vom 18. Januar 1983) wie auch die Klägerin (Niederschrift über die öffentliche Verhandlung des FG vom 28. Juli 1983) beantragt hatten. Die Tatsache, daß Z, der der Klägerin das Gutachten angeboten hat, ein aktives Mitglied einer im Deutschen Bundestag vertretenen Partei war und für diese Partei auch schon Geldbeträge gesammelt hatte, reicht nicht aus um festzustellen, es handle sich beim Kauf des Gutachtens um eine mittelbare Zuwendung an eine politische Partei. Dazu genügt auch nicht die der Klägerin bekannte Tatsache, daß die H-GmbH, die das Gutachten verkauft hat, dieser politischen Partei nahestand.

II. Verletzung des sachlichen Rechts

1. Dem FG sind bei Anwendung der Vorschrift über Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) Rechtsfehler unterlaufen. Nach den zur Auslegung dieser Vorschrift von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen kann der Steuerpflichtige frei entscheiden, welche Aufwendungen er für seinen Betrieb machen will. Die Höhe der Aufwendungen, ihre Notwendigkeit, ihre Üblichkeit und ihre Zweckmäßigkeit sind für die Anerkennung als Betriebsausgaben grundsätzlich ohne Bedeutung (BFH-Beschlüsse vom 12. Juni 1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620; vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213; Urteile vom 9. Oktober 1980 IV R 81/76, BFHE 131, 506, BStBl II 1981, 29; vom 28. November 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368). Eine Einschränkung erfährt dieser Grundsatz lediglich für die in § 4 Abs. 5 EStG aufgeführten Aufwendungen. Auch überhöhte, unübliche und unzweckmäßige Aufwendungen, ja sogar erfolglose Aufwendungen können Betriebsausgaben oder Werbungskosten sein (Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, § 4 Tz. 252; Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, §§ 4 bis 5 Rz. 208). Das Fehlen der Üblichkeit, der Erforderlichkeit und der Zweckmäßigkeit einer Aufwendung kann allerdings Anzeichen dafür sein, daß die Aufwendungen aus außerbetrieblichen Erwägungen gemacht wurden (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1976 IV R 35/76, BFHE 121, 35, BStBl II 1977, 238; Conradi in Littmann/Bitz/Meincke, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 12 RdNr. 6).

Diese Grundsätze hat das FG nicht beachtet. Sein Urteil stützt sich auch darauf, daß für den Erwerb des Gutachtens kein betriebliches Bedürfnis bestanden habe und den besonderen betrieblichen Bedürfnissen der Klägerin eher das Gutachten eines wirtschaftswissenschaftlichen Instituts angepaßt gewesen wäre, ferner darauf, daß die allgemeinen Ausführungen des Gutachtens für die Klägerin nicht verwertbar gewesen seien. Damit verneint das FG die Zweckmäßigkeit des erworbenen Gutachtens für den Betrieb der Klägerin und nimmt eine Beurteilung vor, die nach der angeführten Rechtsprechung dem Kaufmann vorbehalten ist, der die Aufwendungen leistet.

2. War allerdings das Gutachten gänzlich unbrauchbar oder lag sein Wert weit unter dem Kaufpreis - was das FG bisher in verfahrensrechtlich einwandfreier Weise nicht festgestellt hat - und hat L dies gewußt oder ernstlich für möglich gehalten und in Kauf genommen, um einer politischen Partei Geld zuzuwenden, dann ist die Zahlung des Betrages von 5.500 DM an die H-GmbH eine nicht oder nicht in voller Höhe als Betriebsausgabe abziehbare verdeckte Zuwendung an eine politische Partei. Denn in diesem Fall hat L ohne Erwartung einer Gegenleistung oder eines sonstigen Vorteils für den Betrieb der Klägerin und ohne sonstige betriebliche Veranlassung einer politischen Partei eine Zuwendung machen wollen, bei der eine private Mitveranlassung nicht ausgeschlossen werden kann.

Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für die Tatsachen, die eine betriebliche Veranlassung und damit die Annahme einer Betriebsausgabe dem Grunde und der Höhe nach rechtfertigen, trifft die Klägerin (vgl. BFH-Urteile vom 7. Juli 1983 VII R 43/80, BFHE 138, 527, BStBl II 1983, 760, und vom 21. August 1985 I R 73/82, BFHE 145, 316, BStBl II 1986, 250).

3. Zuwendungen an politische Parteien sind im allgemeinen (vgl. unten c) dd) nicht als Betriebsausgaben abziehbar.

a) Zwar sind Betriebsausgaben entgegen der von Tipke (Steuer und Wirtschaft - StuW - 1985, 185 f., StuW 1985, 280, 283 und "Der Spiegel" 1985, Heft 21 S. 100 ff.) geäußerten Ansicht nicht nur Aufwendungen, die "gewinnorientiert" sind, die den Zweck haben, Einnahmen zu erwerben, zu sichern oder zu erhalten. Tipke leitet diese Ansicht daraus ab, daß nach der Rechtsprechung des BFH die Begriffe Betriebsausgaben und Werbungskosten identisch seien. Er meint, Werbungskosten seien "Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen", so daß Betriebsausgaben dementsprechend Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Betriebseinnahmen seien. Das ist nicht zutreffend, schon gar nicht in dem Sinne, daß - wie Tipke meint - nur solche Aufwendungen Betriebsausgaben sind, durch die eine Gewinnerzielung konkret erwartet werden kann.

Richtig ist, daß nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Werbungskosten "Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen" sind. Richtig ist auch, daß die jüngere Rechtsprechung des BFH die Begriffe Werbungskosten und Betriebsausgaben einander angeglichen hat. Sie hat jedoch nicht den Betriebsausgabenbegriff einschränkend dem Werbungskostenbegriff, sondern umgekehrt den Werbungskostenbegriff über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus dem Betriebsausgabenbegriff des § 4 Abs. 4 EStG angeglichen, dessen Merkmal die betriebliche Veranlassung der Aufwendungen ist (Beschlüsse vom 28. November 1977 GrS 2-3/77, BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105; in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213; Urteile vom 31. Oktober 1978 VIII R 196/77, BFHE 127, 168, BStBl II 1979, 401; vom 6. März 1979 VIII R 110/74, BFHE 127, 510, BStBl II 1979, 551; vom 20. November 1979 VI R 25/78, BFHE 129, 149, BStBl II 1980, 75, und vom 18. November 1980 VIII R 194/78, BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510).

b) Für die betriebliche Veranlassung genügt auch der allgemeine Zusammenhang mit dem Betrieb durch Schaffen günstiger Rahmenbedingungen (BFH-Urteil vom 18. September 1984 VIII R 324/82, BFHE 142, 251, BStBl II 1985, 92). Soweit aus einzelnen Ausführungen in dem BFH-Gutachten vom 17. Mai 1952 I D 1/52 S (BFHE 56, 591, BStBl III 1952, 228) etwas anderes entnommen werden könnte, folgt der erkennende Senat dem nicht. Er sieht sich in seiner Ansicht bestätigt durch die neuere Rechtsprechung des BFH. Der VI. Senat hat in dem Urteil in BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368 Aufwendungen eines Arbeitnehmers, die diesem im Zusammenhang mit seiner ehrenamtlichen Gewerkschaftstätigkeit erwachsen waren, also Aufwendungen, die den Beruf des Arbeitnehmers nur im weitesten Sinne förderten, als Werbungskosten anerkannt. Auf derselben Ebene liegt das Urteil des IV. Senats in BFHE 131, 506, BStBl II 1981, 29, in dem Aufwendungen eines Arbeitnehmer- Aufsichtsratsmitglieds an eine betriebliche Urlaubskasse als Betriebsausgaben anerkannt worden sind. Der I. Senat des BFH hat in seinem Urteil vom 16. Dezember 1981 I R 140/81 (BFHE 135, 278, BStBl II 1982, 465) Mitgliedsbeiträge einer Kapitalgesellschaft an einen eingetragenen Verein als Betriebsausgaben anerkannt, der das Ziel hat, die soziale Marktwirtschaft zu erhalten sowie die Bedeutung des freien Unternehmertums darzustellen.

c) Bei Zuwendungen an politische Parteien kommt aber, anders als bei Beiträgen an Berufsverbände, im allgemeinen eine private Mitveranlassung hinzu, die den Abzug als Betriebsausgaben nach § 12 EStG ausschließt.

aa) Berufsverbände sind Vereinigungen von natürlichen Personen oder von Unternehmen, die allgemeine, aus der beruflichen oder unternehmerischen Tätigkeit erwachsende ideelle und wirtschaftliche Interessen des Berufsstandes wahrnehmen (vgl. BFH-Urteile vom 29. November 1967 I 67/65, BFHE 91, 45, BStBl II 1968, 236; vom 19. März 1975 I R 137/73, BFHE 116, 12, BStBl II 1975, 722).

Der Aufgabenkreis eines Berufsverbandes ist damit auf die Förderung der Belange eines Berufsstandes oder Wirtschaftszweiges beschränkt. Das gilt auch, wenn der Berufsstand oder ein Verein mit berufsständischen Zielen im Rahmen seiner Aufgaben allgemeinpolitische Aufgaben verfolgt. Demgegenüber ist der Aufgabenkreis einer politischen Partei nicht abgegrenzt, sondern umfassend. Die Parteien wirken nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) "bei der politischen Willensbildung des Volkes mit". Die sich aus Art. 21 GG ergebende umfassende Aufgabenstellung der Parteien wird durch § 1 des Parteiengesetzes (PartG) konkretisiert. Auch hier wird die "dauernde Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes" hervorgehoben. § 1 Abs. 2 PartG stellt klar, daß die Aufgaben der Parteien sich auf alle Gebiete des öffentlichen Lebens erstrecken, und nennt dann besonders die Einflußnahme auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung, die Anregung und Vertiefung der politischen Bildung, die Förderung der Teilnahme am politischen Leben, die Beteiligung an Wahlen, die Einflußnahme auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung, die Einführung der erarbeiteten Ziele in den Prozeß der staatlichen Willensbildung und die Sorge für eine ständige lebendige Verbindung zwischen Volk und Staatsorganen (Näheres hierzu B II des Berichts zur Neuordnung der Parteienfinanzierung, Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 97 vom 26. Mai 1983, 52 ff.).

bb) Bei dieser unterschiedlichen Aufgabenstellung können Zuwendungen an politische Parteien nicht den Mitgliedsbeiträgen an Berufsverbände gleichgestellt werden. Zuwendungen an politische Parteien sind zumindest privat mitveranlaßt, weil durch sie auch eine politische Gesinnung zum Ausdruck kommt und eine solche dem Bereich der Lebensführung zuzuordnen ist.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff "Lebensführung" für "(sittliche) Gestaltung des Lebens" (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 1978; Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1982; Grimm/Grimm, Deutsches Wörterbuch, 1885), für "die besondere sittliche Gestaltung des Daseins" (Trübners Deutsches Wörterbuch, 1943) und für "Gestaltung des Daseins", "Aufwand für das Leben" (Mackensen, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl., 1972) gebraucht und in diesem Sinn verstanden.

Unter den Begriff "Aufwendungen für die Lebensführung" fallen somit die Kosten der Haushaltsführung eines Steuerpflichtigen, worunter in erster Linie die Kosten für Wohnung, Kleidung und Nahrung zu verstehen sind. Dazu gehören aber in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch auch alle anderen Aufwendungen, die für die Lebensführung eines Menschen in geistiger, sittlicher und weltanschaulicher Sicht bestimmend sind.

So besteht z.B. Übereinstimmung, daß Aufwendungen zur Förderung der Allgemeinbildung zu den Kosten der Lebensführung gehören (vgl. BFH-Urteile vom 17. November 1978 VI R 139/76, BFHE 126, 437, BStBl II 1979, 180; vom 28. September 1984 VI R 144/83, BFHE 142, 258, BStBl II 1985, 89). Entsprechendes gilt für die Kosten einer Bildungsreise (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 1981 VI R 71/78, BFHE 134, 325, BStBl II 1982, 69) oder für Beiträge an kulturelle und gesellige Vereine.

cc) Der Senat ist der Auffassung, daß auch Zuwendungen an politische Parteien im allgemeinen zu den Aufwendungen für die Lebensführung gehören, weil sie Ausfluß der Weltanschauung eines Menschen sind und in ihnen die politische Einstellung eines Steuerpflichtigen, die vor allem persönlichkeitsbezogen ist, zum Ausdruck kommt.

Es ist zwar die Auffassung vertreten worden, ein derartiger Zusammenhang bestehe deshalb nicht, weil Unternehmer nicht nur einer politischen Partei, sondern mehreren politischen Parteien mit zum Teil entgegengesetzter Zielsetzung Zuwendungen zukommen ließen. Nach Auffassung des Senats löst auch ein derartiges Verhalten im allgemeinen nicht den Zusammenhang einer Zuwendung mit der persönlichen Lebensführung, weil in Zuwendungen an mehrere Parteien mit unterschiedlichen Zielsetzungen eine Förderung der parlamentarischen Demokratie liegen kann, wodurch die demokratische Gesinnung des Zuwendenden zum Ausdruck kommt. Auch diese ist persönlichkeitsbezogen.

Daß bei einem privat mitveranlaßten Aufwand ein Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten nach § 12 EStG dann ausgeschlossen ist, wenn - wie im Streitfall - keine objektiven Merkmale und Unterlagen vorhanden sind, die eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichen, ist ständige Rechtsprechung (BFH-Entscheidungen vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17; GrS 3/70, BFHE 100, 317, BStBl II 1971, 21; vom 8. November 1979 IV R 66/77, BFHE 129, 134, BStBl II 1980, 117; Urteil in BFHE 134, 325, BStBl II 1982, 69). Die privat mitveranlaßten Zuwendungen an politische Parteien lassen sich nicht in einen privat und betrieblich veranlaßten Teil aufteilen, so daß sie insgesamt nicht abziehbar sind.

dd) Der Senat kann offenlassen, ob sogenannte gezielte Parteispenden im engeren Sinn (z.B. zur Erlangung oder Erhaltung eines Auftrags) oder im weiteren Sinn (z.B. zur Pflege des geschäftlichen Umfeldes) als Betriebsausgaben abziehbar sein können. Der Senat kann auch offenlassen, ob ein Betriebsausgabenabzug dann in Betracht kommt, wenn ein Betriebsinhaber sich der Zuwendung an eine politische Partei, z.B. zur Wahrung des betrieblichen Friedens, nicht entziehen konnte oder glaubte, sich nicht entziehen zu können. Denn derartige Sachverhalte liegen hier nicht vor.

Bei dieser Rechtslage braucht der Senat auch nicht zu entscheiden, ob der Abzug von Zuwendungen an politische Parteien als Betriebsausgaben durch das Verfassungsrecht, durch § 10b EStG (Abzug von Spenden als Sonderausgaben) oder durch § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG (Abzugsverbot für Geschenkaufwendungen) ausgeschlossen oder eingeschränkt ist.

4. Die Ausführungen unter Nr. 3 gelten sowohl für offene als auch für verdeckte Zuwendungen an politische Parteien.

Um verdeckte Zuwendungen der Klägerin an eine politische Partei durch den Erwerb des Gutachtens annehmen zu können, genügt allerdings nicht die Feststellung, daß das Gutachten gänzlich unbrauchbar war oder sein Wert weit unter dem Kaufpreis lag. Hinzukommen muß, daß die Klägerin dies gewußt hat oder mit der Möglichkeit der Wertlosigkeit ernstlich gerechnet und gleichwohl dies in Kauf genommen hat, um der Partei Geld zuzuwenden. Nur unter diesen Voraussetzungen läßt sich sagen, daß die Zahlung eines Kaufpreises für das Gutachten - neben möglichen betrieblichen Überlegungen - auch ein Ausdruck der politischen Gesinnung war, der im Bereich der Lebensführung liegt und damit nach § 12 EStG den Abzug der Aufwendungen als Betriebsausgaben ausschließt. Unerheblich ist, ob die H-GmbH das von der Klägerin erhaltene Geld an die Partei weitergeleitet hat.

III. Das FG wird unter Beachtung dieser rechtlichen Beurteilung (§ 126 Abs. 5 FGO) den Sachverhalt erneut zu erforschen haben.