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BFH-Urteil vom 18.2.1982 (IV R 46/78) BStBl. 1982 II S. 394

Eine betrieblich veranlaßte Geld- oder Sachzuwendung an Angestellte ausländischer Geschäftspartner (hier an Funktionäre staatlicher Wirtschaftsverbände in Ostblockstaaten) ist nur dann kein Geschenk i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG 1960 bis 1975, sondern - zumindest wirtschaftlich gesehen - eine abzugsfähige Provision, wenn die Zuwendung gemacht wird, weil oder damit der Empfänger eine bestimmte Gegenleistung für den Betrieb erbringt.

EStG 1960 bis 1975 § 4 Abs. 5 und 6.

Vorinstanz: Hessisches FG

Sachverhalt

I.

Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) folgende auf den Konten "Werbegeschenke", "Bewirtungskosten" und "Auslagen im Geschäftsinteresse" gebuchten Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben an.

a) 8.662,64 DM (1968: 3.538,98 DM und 1969: 5.123,66 DM); sie betreffen Zuwendungen, deren Anschaffungskosten pro Person über 100 DM lagen.

b) 7.225,37 DM (1968: 4.556,49 DM und 1969: 2.668,88 DM); sie betreffen bis auf drei Zuwendungen kleinere Geschenke und auch einige Bewirtungen mit einem Wert unter 100 DM. Bei ihnen beanstandete das FA das Fehlen der wertmäßigen Aufteilung auf die Empfänger sowie deren Namensangabe.

Der Einspruch des Klägers, mit dem er sich gegen die Nichtberücksichtigung der obigen Aufwendungen als Betriebsausgaben wandte, blieb erfolglos. Mit der Klage trug der Kläger vor, er lebe davon, Geschäfte von Industriefirmen mit Partnern in den Ostblockländern zu vermitteln. Dabei werde er von den in den staatlichen Organisationen tätigen zuständigen Sachbearbeitern ganz offen mit Wünschen konfrontiert, deren Nichterfüllung ein Scheitern des Geschäftes bedeute. Angesichts der besonderen Umstände in diesen Ländern gingen diese Wünsche nicht in Richtung typischer Werbegeschenke, sondern beträfen Dinge wie Kleidungsstücke, Stoffe, Kosmetika. Er habe als Vertreter nicht die Möglichkeit, diese Aufwendungen im Preis zu berücksichtigen.

Das FG, dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1978, 160 veröffentlicht ist, hielt die Klage für begründet.

Mit der Revision trägt das FA vor, das FG erkenne die strittigen Zuwendungen als gewinnmindernd an, weil

a) es sich nicht um Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG handele,

b) aufgrund der Entgeltlichkeit dieser Sachleistungen ihre Abzugsfähigkeit nicht davon abhängen könne, ob der Kläger den besonderen Aufzeichnungspflichten des § 4 Abs. 6 Satz 1 EStG nachgekommen sei und schließlich

c) der Kläger auch nicht gemäß § 205a Abs. 2 AO zur Benennung der Empfänger verpflichtet sei.

Dabei verkenne das FG, daß die Zuwendungen teils Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG seien und teils beschränkt abzugsfähige Geschenke, die gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 EStG nicht den besonderen Aufzeichnungspflichten genügten. Das FG verneine zu Unrecht die Geschenkeigenschaft der strittigen Zuwendungen. Das Gericht ordne zwar die Zuwendungen als Schmiergelder ein. Ohne aber den Begriff des Schmiergeldes zu definieren meine es, das Schmiergeld sei dadurch vom Geschenkbegriff abgegrenzt, daß es "im Hinblick" auf eine Gegenleistung gegeben werde. Bei seiner Deduktion verkenne das FG, daß eine Zuwendung nicht dadurch entgeltlich werde, daß sie "im Hinblick" auf eine Gegenleistung gegeben werde. Ein nur wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Geberleistung und Empfängerleistung begründe noch keine Entgeltlichkeit.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Er führt aus, bei der Anbahnung und Abwicklung von Geschäften in Ostblockländern könne er sich den an ihn gestellten Wünschen seiner dortigen Geschäftspartner nicht entziehen. Er sei gezwungen, diesen Wünschen im Rahmen seiner Möglichkeiten weitgehend gerecht zu werden.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist begründet.

1. Nach § 4 Abs. 5 in der von 1960 bis 1975 geltenden Fassung scheiden Aufwendungen für Geschenke an Personen , die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind und nicht in ständiger Geschäftsbeziehung zu dem Steuerpflichtigen aufgrund eines Werkvertrages oder eines Handelsvertretervertrages stehen, mit Ausnahme von Geschenken, die bei einem Empfänger im Wirtschaftsjahr den Wert von insgesamt 100 DM nicht übersteigen, bei der Gewinnermittlung aus.

Es ist unstreitig, daß der Kläger die strittigen Aufwendungen für Personen i. S. des § 4 Abs. 5 EStG gemacht hat. Soweit also diese Aufwendungen pro Empfänger über 100 DM lagen, scheiden sie als Betriebsausgabe schon dann aus, wenn sie Geschenke im Sinne dieser Vorschrift waren. Das FG hat das zu Unrecht verneint.

a) § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG ist eine Sonderbestimmung zu § 4 Abs. 4 EStG. Sie schließt Aufwendungen vom Abzug aus, die an sich Betriebsausgaben darstellen, weil sie durch den Betrieb veranlaßt sind. So handelt es sich bei den in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG erwähnten Geschenken um betrieblich veranlaßte Zuwendungen.

Ob eine Vermögenszuwendung unentgeltlich als Geschenk oder entgeltlich im Hinblick auf eine Gegenleistung des Empfängers gemacht wird, entscheidet nach bürgerlichem Recht die hierüber zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung. Ein Geschenk liegt nur vor, wenn beide Seiten über die Unentgeltlichkeit einig sind. Danach liegt schon dann kein Geschenk vor, wenn eine Seite von der Entgeltlichkeit der Zuwendung ausgeht. Da für den Abzug von Aufwendungen jedoch nicht ausschlaggebend sein kann, welche Vorstellungen der Empfänger mit der Zuwendung verbindet, ist wie auch sonst für den Abzug als Betriebsausgaben vielmehr allein maßgebend, aus welchem Grund der Leistende die Zuwendung gemacht hat. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG bezieht sich demnach auf Zuwendungen, die nach dem Willen des Gebers als Geschenk gemacht werden; ihnen stehen jene Zuwendungen gegenüber, die nach dem Willen des Gebers für eine Gegenleistung erbracht werden.

Als Gegenleistungen kommen alle Handlungen in Betracht, die im betrieblichen Interesse liegen; es muß sich, wie auch im bürgerlichen Recht anerkannt ist, nicht notwendig um eine vermögensrechtliche Zuwendung handeln (vgl. hierzu Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Rdnr. 21 zu § 516 BGB). Jedoch muß die erwartete oder bereits erbrachte Gegenleistung hinreichend konkretisiert sein; die Zuwendung muß deswegen im Hinblick auf eine bestimmte Handlung des Empfängers erbracht werden. Daran fehlt es, wenn mit der Zuwendung nur das Wohlwollen des Bedachten errungen werden soll, auch wenn der Geber daraus Vorteile für seinen Betrieb ziehen will. Diese Zweckbestimmung steht der Unentgeltlichkeit der Zuwendung nicht entgegen. Im Zivilrecht wird eine mit solchen Erwartungen verbundene unentgeltliche Zuwendung als Zweckgeschenk bezeichnet, auf das die Bestimmungen über die Schenkung uneingeschränkt anwendbar sind (vgl. Lehrbuch von Eneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, 15. Aufl., § 125 I; Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Rdnr. 16 zu § 516). Bei den in § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG erwähnten Zuwendungen wird es sich bei entsprechendem Einverständnis des Empfängers regelmäßig um solche Zweckgeschenke handeln.

Von diesen Grundsätzen ist auch bei Zuwendungen auszugehen, die im Hinblick auf Geschäftsabschlüsse gemacht werden. Sollen hierdurch lediglich persönliche Kontakte oder andere Voraussetzungen für Geschäftsbeziehungen des Gebers hergestellt, erhalten oder verbessert werden, so besteht noch keine hinreichende Verknüpfung mit einer konkreten Gegenleistung des Empfängers; es handelt sich alsdann um Gefälligkeitsgeschenke, die noch im Vorfeld von Geschäftsabschlüssen liegen.

b) Ob danach Schmiergeldzahlungen und entsprechende Sachzuwendungen an leitende Angestellte ausländischer Geschäftspartner oder an für Geschäftsabschlüsse zuständige Funktionäre in Ostblockstaaten als Geschenke anzusehen sind und damit unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 EStG fallen, muß schon deshalb umstritten sein, weil der Begriff des Schmiergeldes nicht eindeutig definiert ist (vgl. Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., Rdnr. 51e zu § 4 EStG; Abschn. 20 Abs. 3 und 7 EStR 1972; Urteile des FG München vom 22. November 1962 II 209/62, EFG 1963, 245, und des FG Münster vom 24. Januar 1980 VII 2038/78 E, EFG 1980, 327). Der Gesetzgeber wollte unter dem Begriff der als Betriebsausgaben nicht abzugsfähigen Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG auch die Schmiergeldzahlungen erfassen (vgl. Bundestags-Drucksachen 1811, 1941, 3. Wahlperiode). Tatsächlich werden als Schmiergelder unterschiedliche Zuwendungen bezeichnet, die auch steuerlich unterschiedlich zu behandeln sind.

Aufgrund der dargestellten Überlegungen ist der Senat mit dem FG Münster (a. a. O.) der Auffassung, daß als Schmiergeldzahlungen bezeichnete Zuwendungen dann als Geschenke unter § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG fallen, wenn sie nur den Zweck haben, Geschäftsbeziehungen anzuknüpfen, zu sichern oder zu verbessern, aber nicht für eine konkrete Gegenleistung des Empfängers gegeben werden. Solche Zuwendungen die in der Literatur auch als "Schmiergeschenke" bezeichnet werden, können als typisches Beispiel für betrieblich veranlaßte Geschenke gelten; auch auf sie treffen die Ausführungen über das Zweckgeschenk zu.

Schmiergeldzahlungen dagegen, mit denen der Geber die Herbeiführung eines bestimmten Geschäftsabschlusses oder eine andere konkrete Gegenleistung anstrebt, sind demgegenüber keine Geschenke im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG. In diesem Fall steht der Zuwendung zumindest nach der Absicht des Gebers ein festumrissenes Tun oder Unterlassen als Gegenleistung des Empfängers gegenüber. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn die Zuwendung im beiderseitigen Einverständnis als Provision für den Geschäftsabschluß gedacht ist. Solche "Schmiergeld" - Zahlungen sind voll abzugsfähig. Ob die Zuwendung verboten oder sittenwidrig ist, hat steuerlich keine Bedeutung (§ 5 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -, § 40 der Abgabenordnung - AO 1977 -; vgl. auch Urteil des BGH vom 25. Mai 1977 5 StR 560/75, DB 1977, 1776); deshalb kann offenbleiben, ob die Zuwendungen im Streitfall gegen die §§ 1 und 12 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen haben.

c) Kann der Steuerpflichtige bei derartigen Sach- und Geldzuwendungen nicht nachweisen, daß sie in einem solchen engen Zusammenhang mit einer konkreten Gegenleistung des Empfängers gestanden haben, so geht dies zu seinen Lasten. Da es um den Nachweis von Aufwendungen geht, die im Rahmen von Geschäftsbeziehungen im Ausland entstanden sind, ist der Steuerpflichtige in erhöhtem Maße zur Sachaufklärung verpflichtet (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. April 1959 I 2/58 S, BFHE 68, 611, BStBl III 1959, 233). Aus den allgemeinen Buchungs- und Nachweisgrundsätzen einer ordnungsmäßigen Buchführung ergibt sich, daß die Nachweispflicht auch die Angabe des Empfängers umfaßt. Denn nach diesen Grundsätzen muß ein Beleg über eine Aufwendung für eine andere Person den Namen und die Anschrift dieser Person enthalten (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1972 IV R 137/68, BFHE 106, 50, BStBl II 1972, 694).

d) Nach den Feststellungen des FG, zu denen es offenbar aufgrund der Erörterung der Streitsache vor dem Berichterstatter des FG gelangt ist, hat der Kläger die streitigen Zuwendungen über 100 DM pro Person "zur Anbahnung und Pflege von Geschäftsbeziehungen auf seinen Auslandsgeschäftsreisen an beschränkt Steuerpflichtige erbracht". Das FG weist auch darauf hin, daß der Kläger diese Leistungen nur erbracht hat, weil ihm die Empfänger der Zuwendungen zu verstehen gegeben hätten, daß "dies seine geschäftlichen Interessen fördere".

Diese Feststellungen des FG haben sowohl das FA als Revisionskläger als auch der Kläger selbst in seiner Revisionserwiderung als zutreffende Darstellung und Würdigung des Sachverhalts anerkannt. Aus ihnen ergibt sich aufgrund der obigen Darlegungen, daß es sich bei den strittigen Zuwendungen des Klägers um unentgeltliche Zuwendungen, d.h. um betrieblich veranlaßte Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 EStG handelte.

Wenn das FG meint, "die Abzugsfähigkeit von Schmiergeldern als Betriebsausgaben könne nicht davon abhängen, ob das Schmiergeld für eine bestimmte Gegenleistung oder nur allgemein zur Förderung der betrieblichen Interessen des Klägers gewährt werde", so ist diese Auffassung nicht haltbar. Entgeltlich wird eine Geld- oder Sachzuwendung nicht deshalb, weil sie "zur Pflege persönlicher Kontakte" - so der Kläger in seiner Revisionserwiderung - oder "im Hinblick" auf einen erhofften betrieblichen Nutzen gemacht wird, sondern nur dadurch, daß sie zur Erlangung einer bestimmten Gegenleistung gemacht wird, mit der sie rechtlich oder tatsächlich verknüpft ist, also zumindest wirtschaftlich eine Provision darstellt.

Demnach sind sämtliche strittigen Zuwendungen des Klägers betrieblich veranlaßte Geschenke, die, soweit sie pro Empfänger über 100 DM liegen, schon deshalb vom Abzug als Betriebsausgaben ausgeschlossen sind.

2. Soweit es sich bei den strittigen unentgeltlichen Zuwendungen des Klägers um Aufwendungen handelt, die pro Empfänger unter 100 DM lagen, entfällt der Abzug nach § 4 Abs. 6 EStG. Nach dieser Vorschrift können diese beschränkt abzugsfähigen Aufwendungen den Gewinn nur mindern, wenn sie einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufgezeichnet sind. Dazu hat der erkennende Senat im Urteil in BFHE 106, 50, BStBl II 1972, 694 die Auffassung vertreten, soweit Bewirtungsspesen und Geschenke nach § 4 Abs. 5 EStG Betriebsausgaben sein können, gehört zur Erfüllung der Pflicht zur getrennten und gesonderten Aufzeichnung (§ 4 Abs. 6 EStG) in aller Regel die Angabe der bewirteten Personen und der Empfänger der Geschenke. Es ist unstreitig, daß die unter 100 DM liegenden strittigen unentgeltlichen Zuwendungen des Klägers, in denen nach dem Prüfungsbericht vom 11. Mai 1977 auch einige Aufwendungen für Bewirtungen enthalten sind, weder gesondert von den übrigen Aufwendungen der verschiedenen Auslandsreisen gebucht sind, noch aus ihrer Buchung entnommen werden kann, welche Personen die einzelnen Zuwendungen erhalten haben. Der Vermerk über die bewirteten und beschenkten Personen in den einzelnen Reiseabrechnungen ohne Angabe der auf sie entfallenden Zuwendungen genügt den Anforderungen des § 4 Abs. 6 EStG nicht. Es gibt auch hier keine Rechtsgrundlage dafür, bei unentgeltlichen Zuwendungen an Empfänger im Ausland auf die Erfordernisse des § 4 Abs. 6 EStG zu verzichten. Im übrigen hat der Kläger bei seinen als "Barzahlungen an Kunden" ausgewiesenen Geldzuwendungen und bei vielen anderen Geschenken über 100 DM bewiesen, daß er bei seinen Präsenten sehr wohl in der Lage war, den Anforderungen für ihre Abzugsfähigkeit nach § 4 Abs. 6 EStG zu genügen.

Aus diesen Gründen hat das FG auch die unter 100 DM liegenden strittigen unentgeltlichen Zuwendungen des Klägers zu Unrecht zum Abzug als Betriebsausgaben zugelassen.

Die Vorentscheidung war daher insgesamt aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.