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BFH-Urteil vom 29.7.1981 (II R 4/78) BStBl. 1982 II S. 72

Im Sinne des § 2 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1959 werden keine Gegenstände an die Kapitalgesellschaft überlassen, wenn ein Gesellschafter für die Kapitalgesellschaft ohne Gegenleistung Dienstleistungen erbringt, z. B. eine Handelsvertretertätigkeit ausübt.

Die Dienstleistungen sind auch nicht als Zuschüsse im Sinne des § 2 Nr. 4 Buchst. a KVStG 1959 zu beurteilen.

KVStG 1959 § 2 Nr. 4 Buchst. a und c.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Die ursprüngliche Klägerin (weiterhin als solche bezeichnet) ist im Zuge mehrerer Umwandlungen auf die nunmehrige Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionsklägerin übergegangen.

Die Klägerin war eine bergrechtliche Gewerkschaft. Ihr Hauptgewerke war eine Aktiengesellschaft (AG), an die die Klägerin kraft Vertrages ihre Geschäftsergebnisse abzuführen hatte.

Im Zuge einer Betriebsprüfung war der Beklagte, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) zu dem Ergebnis gekommen, daß die AG "Dienstleistungen für die Klägerin erbracht habe, wofür keine Entgelte berechnet worden sind". Das FA nahm an, daß dadurch Gesellschaftsteuer entstanden sei und setzte wegen der "Dienstleistungen" des Jahres 1959 Gesellschaftsteuer fest.

Entscheidungsgründe

Die nach Stattgabe der Klage eingelegte Revision des FA führte zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG), weil ausreichende tatsächliche Feststellungen über die "Dienstleistungen" fehlten (vgl. das Urteil vom 8. Oktober 1975 II R 94/70, BFHE 117, 109, BStBl II 1976, 24).

Im zweiten Rechtsgang hat das FG der Klage nur noch z. T. stattgegeben. Es hat die Gesellschaftsteuer auf 1.830,75 DM herabgesetzt und die Klage im übrigen abgewiesen.

Das FG ist dabei davon ausgegangen, daß die AG die Klägerin laufend beraten habe. Daraus ergebe sich, daß für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung verkehrsteuerrechtlicher Vorschriften vom 25. Mai 1959 - VerkStÄndG - (BGBl I, 261) keine freiwilligen Leistungen i. S. der Enumeration des § 2 Nr. 4 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) vorliege, wohl aber für die frühere Zeit nach § 2 Nr. 3 Buchst. b KVStG 1955. Nach den vom FG für zutreffend gehaltenen Angaben der Beteiligten entfielen auf die Zeit der Geltung des § 2 Nr. 3 Buchst. b KVStG 1955 5/12 des Wertes der Dienstleistungen im Kalenderjahr 1959.

Das FA hat Revision eingelegt mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Die Revisionsbeklagte hat nach Ablauf der Revisionsfrist Anschlußrevision eingelegt mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils dem Klagantrag in vollem Umfang stattzugeben.

Die (unselbständige) Anschlußrevision der Klägerin hat der erkennende Senat durch Zwischenurteil für zulässig erklärt und wegen der Versäumung der Frist für die Anschließung an die Revision des FA Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt (vgl. das Zwischenurteil vom 8. April 1981 II R 4/78, BFHE 133, 155, BStBl II 1981, 534).

Die Revision und die Anschlußrevision sind unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

1. Dem FG ist darin zu folgen, daß die Voraussetzungen des § 2 Nr. 4 KVStG 1959 nicht erfüllt worden sind. Die Leistungen der AG für die Klägerin fallen unter keinen der in dieser Vorschrift aufgeführten Tatbestände, insbesondere nicht unter den Buchstaben c.

Nach Buchstabe c liegt eine tatbestandsmäßige freiwillige Leistung vor bei Überlassung von Gegenständen an die Kapitalgesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung. Dienstleistungen der Gesellschafter für die Kapitalgesellschaft, wie sie im vorliegenden Fall in Betracht kommen, können nicht unter den Begriff "Überlassung von Gegenständen" subsumiert werden.

Mit der Auslegung dieser Vorschrift hat sich der Senat in seinem Urteil vom 16. Juni 1970 II 95-96/64 (BFHE 99, 413, BStBl II 1970, 690) befaßt. Er ist davon ausgegangen, daß der Gesetzgeber des VerkStÄndG der weiten Auslegung des Begriffs der freiwilligen Leistungen i. S. des § 2 Nr. 3 Buchst. b KVStG 1955 entgegentreten wollte. Er hat aber nicht angenommen, daß der Gesetzgeber den Begriff des Gegenstandes i. S. des § 2 Nr. 4 Buchst. c und d KVStG 1959 auf Sachen und Rechte habe beschränken wollen. Das bedeutet aber nicht, daß Gegenstand i. S. dieser Vorschrift alles sei, was zum Gegenstand rechtlicher Beziehungen gemacht werden könne. Dagegen spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift. Denn der Gesellschaftsteuer unterliegen nicht alle Leistungen, die zum Gegenstand eines Rechtsgeschäfts gemacht werden können, sondern lediglich die Überlassung oder Übernahme von Gegenständen.

Würde man demgegenüber den Gegenstandsbegriff in dem weiten - vom FA vertretenen - Sinne auffassen, so ergäbe sich praktisch keine Einschränkung gegenüber der früheren Fassung des § 2 Nr. 3 Buchst. b KVStG 1955, die aber gerade beabsichtigt war.

Der Gegenstandsbegriff erfährt nach Auffassung des Senats seine Konkretisierung durch die Worte "Überlassung" und "Übernahme", die auf die Rechtsgeschäfte des Kaufes, des Tausches und der Gebrauchs- und Nutzungsüberlassung hindeuten, nicht jedoch auf Dienstleistungen jeglicher Art ausgedehnt werden dürfen, auch nicht auf eine Handelsvertretertätigkeit, wie sie im vorliegenden Fall nach dem im Protokoll vom 30. November 1977 in Bezug genommenen Schreiben vom 14. Februar 1953 (auch) vorgelegen haben dürfte.

Vermittelt ein Gesellschafter für die Kapitalgesellschaft Handelsgeschäfte, so kann auch bei weitester Auslegung nicht davon gesprochen werden, daß er damit der Kapitalgesellschaft einen Gegenstand überläßt.

Ohne Bedeutung ist es in diesem Zusammenhang, daß die Tätigkeit der AG für die Klägerin einen nicht unbeachtlichen Umfang angenommen haben dürfte. Daraus mag möglicherweise folgen, daß die Enumeration des § 2 Nr. 4 KVStG 1959 nicht alle steuerwürdigen Fälle erfaßt. Hieraus ggf. Folgerungen zu ziehen, ist jedoch allein Aufgabe des Gesetzgebers.

Die Voraussetzungen des § 2 Nr. 4 Buchst. c KVStG 1959 sind danach nicht erfüllt. Das gleiche gilt für den Buchstaben b. Ein Verzicht auf eine Forderung seitens der AG liegt nicht vor, wenn eine Forderung überhaupt nicht entstanden ist. Zwar bestehen bei Geschäftsbesorgungen durchweg Ansprüche auf Vergütungen (vgl. § 354 HGB). Diese Vorschrift ist jedoch abdingbar. Das FG hat zu Recht angenommen, daß die AG und die Klägerin Vergütungen nicht gewollt hätten.

Auch die Voraussetzungen des Buchstaben a sind nicht gegeben. Mögen Sachleistungen im allgemeinen auch unter den Begriff des Zuschusses fallen können, so ist für den § 2 Nr. 4 KVStG 1959 jedoch davon auszugehen, daß der Buchstabe a nur Geldleistungen oder vergleichbare Leistungen erfassen wollte, während die Sachleistungen des Gesellschafters nach dem Buchstaben c beurteilt werden sollten. Es gilt auch hier, daß bei einer weiten Auslegung des Buchstaben a der Zweck der einschränkenden Neufassung des § 2 Nr. 4 KVStG 1959 verfehlt werden würde.

2. Unbegründet ist auch die Anschlußrevision der Revisionsbeklagten. Das FG hat für die Geltungsdauer des § 2 Nr. 3 Buchst. b KVStG 1955 zu Recht angenommen, daß bis zum Mai 1959 tatbestandsmäßige Leistungen i. S. dieser Vorschrift vorliegen.